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Bits and Pretzels:Obama in Lederhosen?

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Von Katharina Kutsche, München

Wer als Top-Redner bei der Start-up-Konferenz Bits & Pretzels auftritt, bekommt von den Veranstaltern eine Tracht ins Hotelzimmer geliefert. Schließlich findet die Münchner Messe während des Oktoberfests statt, und das zählt als Alleinstellungsmerkmal des Gründertreffens. Am kommenden Sonntag wird sich dann zeigen, welche Gäste das Angebot annehmen und in Lederhosen oder Dirndl auftreten - die meisten Blicke dürften dabei dem Stargast gelten: Barack Obama.

Der frühere US-Präsident wird die Konferenz eröffnen, nicht mit einer Rede, sondern in einem moderierten einstündigen Gespräch. Den drei Veranstaltern Bernd Storm, Andreas Bruckschlögl und Felix Haas ist damit ein echter Coup gelungen. Was 2014 als Weißwurstfrühstück mit weniger als 100 Teilnehmern begann, ist seit einigen Jahren ein Start-up-Festival mit 5000 Besuchern, das auch Prominenz lockt, die man nicht gleich mit Gründertum in Verbindung bringt. 2016 etwa hielt der preisgekrönte Schauspieler Kevin Spacey die Eröffnungsrede, er investiert in junge Gründer. 2017 dann trat Stefan Raab auf und unterhielt das Publikum mit der Geschichte seines Aufstiegs zum Musiker, Moderator und Produzenten.

In diesem Jahr also Obama. Der Präsident, von 2009 bis 2017 im Amt, soll die Gründer inspirieren. Er steht für Führung und Wandel, auch wenn es gilt, Unmögliches zu schaffen: "Change" und "Yes, we can" - Ja, wir schaffen das - waren Motto und Slogan in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2008. Weitere prominente Gäste sind etwa die US-Schauspielerin Jessica Alba, die mit ihrem Unternehmen The Honest Company giftfreie Baby- und Kosmetikprodukte vertreibt, und Drew Houston, Gründer des Cloud-Dienstes Dropbox.

Die drei Veranstalter freuen sich über die Aufmerksamkeit. Sie wollen die Start-up-Landschaft in München zeigen, denn die bayerische Landeshauptstadt sei der beste Standort für Gründer. Bald acht Dax-Unternehmen haben in Stadt oder Landkreis ihren Sitz, viele Tech-Konzerne ihre Deutschlandzentralen. "Unser Ziel bei Bits & Pretzels war von Anfang an, dieses Ökosystem zusammenzubringen. Ja, wir sind ein Festival von Gründern für Gründer, aber wir sorgen auch dafür, dass alle wichtigen Investoren und Unternehmen vor Ort sind", sagt Bernd Storm. Silodenken helfe der Branche nicht.

"Wir wollen uns nicht gegenüber anderen Standorten aufbauen, sondern München stärken."

Tatsächlich hält sich München im jährlichen Start-up-Monitor schon länger in den Top 5 der deutschen Gründer-Hotspots. Allerdings geht die Zahl der Menschen, die sich selbständig machen, seit einigen Jahren zurück. Von der Strahlkraft Obamas erhoffen sich die Veranstalter einen Vorteil für die gesamte Gründerszene: "Wir wollen uns nicht gegenüber anderen Standorten aufbauen, sondern München stärken und damit auch viele andere Ökosysteme wie Berlin oder London", sagt Andreas Bruckschlögl. Bits & Pretzels solle zeigen, dass Gründen eine Option ist, und Lust darauf machen. Das Motto der Messe lautet Impact, zu Deutsch Auswirkung oder Einfluss. Damit wolle man den Blick auf den gesellschaftlichen Beitrag von Unternehmen lenken.

Am Kernkonzept der Messe, zwei Tage Konferenz, ein Tag Netzwerken auf dem Oktoberfest, wird sich in Zukunft nichts ändern. "Wir wollen Bits & Pretzels nicht zum größten Gründerfestival der Welt aufbauen, sondern zum geilsten", so Haas. Wie in den vergangenen Jahren auch bleibe die Zahl der Tickets auf 5000 begrenzt. "Jeden Euro Umsatz stecken wir in Qualität, sei es in bessere Logistik, eine bessere App. Wir sehen die Veranstaltung nicht als Geldmaschine", erklärt Storm. Die drei Veranstalter sind selbst erfolgreiche Unternehmer. Bits & Pretzels sei ein ausgeartetes Hobby, so Storm, eine Doppelbelastung zwar, doch am Engagement der drei ändere das nichts.

Hinter den Kulissen wurde in den vergangenen zwölf Monaten aber schon etwas verändert. 2018 organisierte das Team erstmals die Entwicklerkonferenz Dahoam. Außerdem kooperieren die Veranstalter mit der Messe München. Mit Britta Weddeling, ehemals Handelsblatt-Korrespondentin im Silicon Valley, nun Editor-in-Chief, soll Bits & Pretzels journalistischer werden. Und der frühere Stern-Chefredakteur Dominik Wichmann als Berater soll das Ganze zur Medienplattform ausbauen.

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SZ vom 24.09.2019
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