Süddeutsche Zeitung

Umbau bei Bremen und DFB:Dutt will wieder weg vom Schreibtisch

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Der DFB scheint zum zweiten Mal binnen eines Jahres seinen Sportdirektor zu verlieren: Robin Dutt bittet als Bremer Wunschtrainer um seine Freistellung. Während es bei Werder um einen Neuanfang geht, muss der DFB sorgenvoll auf die anstehende WM blicken.

Von Johannes Aumüller und Jörg Marwedel

Es ist noch gar nicht so lange her, da erweckte Robin Dutt den Eindruck, als verstehe er seinen erst im August 2012 angetretenen Sportdirektoren-Job beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Aufgabe für die nächsten Jahre. Er sinnierte über Lösungen für den ewigen Mangel an Linksverteidigern; er arbeitete mit dem Nationalelf-Kern um Bundestrainer Löw viel spannungsfreier zusammen als sein Vorgänger Matthias Sammer; und er bastelte an weit in die Zukunft reichenden Projekten wie der Errichtung eines Leistungszentrums oder einem neuen Nachwuchs- und Förderkonzept. Von dem war er so überzeugt, dass ihm zu Jahresbeginn der Satz rausrutschte, Titel seien dann "gar nicht mehr zu verhindern".

Nun finden all diese Tätigkeiten und Titelgewinne wohl ohne Robin Dutt, 48, statt. Denn alles deutet darauf hin, dass er im Juli etwas überraschend bei Werder Bremen als Nachfolger von Dauertrainer Thomas Schaaf beginnt. Am Donnerstagmittag erkoren ihn die Kluboberen öffentlich zum Wunschkandidaten. Zugleich bestätigte der DFB, dass sowohl Dutt selbst als auch Vertreter von Werder den Verband um eine Freigabe des Fußballlehrers gebeten hätten. Offiziell wird zwar darauf verwiesen, dass das DFB-Präsidium erst zu Beginn der nächsten Woche zusammenkomme, um diese Anfrage zu beraten - "aufgrund der Bedeutung der Personalie". Doch nach Lage der Dinge kann sich keiner der Beteiligten gerade vorstellen, dass der Wechsel noch platzt. "Wir hoffen sehr, dass es zu einer Freigabe durch den DFB kommt", sagte Thomas Eichin, Bremens Geschäftsführer Sport.

Viele Namen waren in Bremen zuletzt für die Schaaf-Nachfolge ins Gespräch gekommen. Doch nicht alle der angeblichen Anwärter - von Mehmet Scholl über Torsten Lieberknecht, Mike Büskens, Steffen Freund, Stefan Effenberg, Ralph Hasenhüttl oder zuletzt Markus Weinzierl - hatte der Vorstand wirklich in der engeren Wahl. Schon kurz nach der Schaaf-Demission hatte Eichin gesagt, es gäbe einen klaren Favoriten. Denn relativ früh vernahm der Werder-Sportchef Signale, dass der DFB-Sportdirektor nicht komplett glücklich war in seinem neuen Job. Angeblich habe es ihn gestört, dass er seine Vorstellungen in einem so großen Verband nur sehr langsam umsetzen könne.

Am Mittwoch war Eichin gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Klaus Filbry und Klaus-Dieter Fischer zu Dutt nach Stuttgart gereist, der deswegen offenbar seinen Besuch beim Lehrgang der U21-Auswahl in Grassau am Chiemsee absagte. Robin Dutt erfülle "alle Kriterien, die wir für den Neuanfang aufgestellt haben", sagte Eichin. Er kenne sich bestens im Nachwuchsbereich aus, könne auf gute Talentförderung verweisen und habe in der Bundesliga bereits nachgewiesen, dass er eine solche Aufgabe erfolgreich meistern kann. Und er ist in der Tat ein "völlig anderer Typ" als Schaaf - was für Eichin von Beginn an ein Suchkriterium war.

Dutt ist, das hat er in seinen Jahren bei den Stuttgarter Kickers (2003 bis '07), SC Freiburg (2007 bis '11) und Bayer Leverkusen (2011/12) gezeigt, ein penibler Fachmann jener Gruppierung, für die sich in der Branche der Begriff "Konzepttrainer" eingebürgert hat. In Freiburg hatte er es schon einmal geschafft, erfolgreich einem Trainer-Denkmal nachzufolgen, als er das Amt von Volker Finke übernahm und den Grundstein für die Freiburger Renaissance legte. In Leverkusen, wo er nach neun Monaten und unter anderem einem 1:7 gegen Barcelona in der Champions League gehen musste, erinnern sie allerdings heute noch an seine Schwierigkeiten im Umgang mit Spielern und manchen gravierenden personellen Missgriff.

Während sich Werder Bremen am Beginn eines größeren Umbruchs befindet - neben der Personalie Dutt wurde bekannt, dass der bislang nur ausgeliehene Angreifer Nils Petersen vom FC Bayern fest verpflichtet wurde für die nächsten vier Jahre und dass Abwehrspieler Sokratis den Verein verlässt -, ist der DFB nun in einer unangenehmen Lage. Zwar hat bei manchen der Dutt'schen Ideen wie dem Bau eines Leistungszentrums längst DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock die operative Federführung übernommen. Aber trotzdem ist im Sportdirektoren-Amt mit all seinen konzeptionellen Zuständigkeiten eine kontinuierliche Arbeit zwingend erforderlich; auch deshalb war der Kontrakt mit Dutt ja gleich für vier Jahre unterzeichnet worden.

Doch nun muss der Verband bereits zum zweiten Mal binnen eines Jahres diesen wichtigen Posten neu besetzen - und dabei nicht nur bedenken, dass bald die WM 2014 ansteht und entsprechend eine zu Löw passende Person gefunden werden sollte. Sondern auch, dass für viele Fachkräfte der Reiz der Bundesliga im Zweifelsfall höher zu sein scheint als der schreibtischlastigere Job beim DFB.

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SZ vom 24.05.2013
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