Süddeutsche Zeitung

Eintracht Frankfurt:Und jetzt: Geld ausgeben

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Im Sommer kassierte Frankfurt 95 Millionen Euro für Kolo Muani, konnte das Geld aber nicht für einen Ersatzstürmer ausgeben. Nun öffnet das Transferfenster wieder - und der Handlungsbedarf ist hoch.

Von Frank Hellmann, Frankfurt am Main

Axel Hellmann wirkte hochkonzentriert, als er bei Eintracht Frankfurt noch vor den Feiertagen seine Jahresbilanz zog. Mehr als eine Stunde dauerte das in den Klubmedien publizierte Gespräch, in dem der gerne in großen Linien denkende Vorstandssprecher nicht gänzlich zufrieden klang: Es sei zwar "ein wirtschaftlich sehr starkes Jahr" gewesen, aber "sportlich ausbaufähig". Vor allem ärgerte sich der Vereinsboss über die Dellen in den Cup-Wettbewerben, insbesondere die Blamage beim Pokalschreck 1. FC Saarbrücken: "Das hätte nicht passieren dürfen, unter keinen Umständen. Ich bin auch nicht zufrieden mit der Gruppenphase in der Conference League, wo wir nur Zweiter geworden sind. Das ist nicht unser Anspruch und kann uns nicht zufriedenstellen."

Der Grund für die fehlende wettbewerbsübergreifende Widerstandskraft des Bundesliga-Sechsten führt bekanntlich in den Sommer zurück: In chaotischen Stunden am Ende der Transferphase verloren die Hessen ihren Torjäger Randal Kolo Muani an Paris Saint-Germain: 95 Millionen Euro landeten zwar auf dem Konto, aber Ersatz war nicht mehr zu bekommen. Die gesamte Hinrunde schleppte sich die Eintracht ohne echten Torjäger über die Runden. Und weil nun durch den Afrika-Cup die Leistungsträger Ellyes Skhiri (Tunesien), Fares Chaibi (Algerien) und Omar Marmoush (Ägypten) wegbrechen, ist der Bedarf für Verstärkungen im Winter enorm. Höchstens der FC Bayern steht für diese Transferperiode unter einem ähnlichen Handlungsdruck.

Die Lokalduelle gegen den SV Darmstadt 98 (20. Januar) und FSV Mainz 05 (26. Januar) sowie die Europapokal-Playoff-Partie gegen Union Saint Gilloise (15. Februar) gelten für die Eintracht gleich als richtungsweisend. Intern wird mit mindestens vier Zugängen geplant. Dass die Konkurrenz von dem vielen Geld der Eintracht weiß, erleichtert die Verhandlungen nicht zwangsläufig.

Doppelschichten werden die kommenden Tage bei der Eintracht Standard sein

Gleich am Neujahrstag vermeldeten die Frankfurter, dass Mittelfeldspieler Donny van de Beek, 26, von Manchester United ausgeliehen wird. Sportvorstand Markus Krösche hat für den kommenden Sommer eine Kaufoption über kolportierte zehn Millionen Euro ausgehandelt. 2020 hatten die "Red Devils" mehr als das Vierfache (44 Millionen) für den niederländischen Nationalspieler bezahlt, der bei seinem Ausbildungsverein Ajax Amsterdam zu einem international begehrten Antreiber aufgestiegen war. Doch zuletzt hatte nicht mal mehr sein Landsmann Erik ten Haag für ihn Verwendung.

Krösche glaubt, dass der Blondschopf "perfekt zu unserer Spielidee passt und für unsere Mannschaft ein wichtiges Puzzleteil ist." Was soll der Kaderplaner auch anderes sagen? Er kann sich zwangsläufig nur mit Hinterbänklern aus der Premier League beschäftigen, denn kein englischer Klub gibt im Dauerspielbetrieb über den Jahreswechsel seine Stammkräfte ab.

Zu den unzufriedenen Reservisten auf der Insel zählt ebenfalls Sasa Kalajdzic, 26, von den Wolverhampton Wanderers. Auch hier wird an einer Leihe mit Kaufmöglichkeit gebastelt. Als der zwei Meter große Mittelstürmer vor anderthalb Jahren den VfB Stuttgart verließ, brachte er 18 Millionen Euro Ablöse ein. Doch dann riss sich der Österreicher bei den "Wolves" das zweite Mal in seiner Karriere das Kreuzband und kam zuletzt über elf Kurzeinsätze (zwei Tore) nicht hinaus. Genau wie van de Beek möchte sich auch Kalajdzic noch für die EM in Deutschland empfehlen. Die Bundesliga bietet sich gewissermaßen als Bühne an.

Im Gespräch sind ferner das nigerianische Sturmtalent Rafiu Durosinmi, 20, von Viktoria Pilsen und der Verteidiger Aurele Amenda, 20, von Young Boys Bern. Der eine soll rund neun, der andere fünf Millionen Euro kosten. Auch bei diesen Kandidaten ist keineswegs garantiert, dass sie als Soforthilfe taugen. Es gibt eben gute Gründe, warum Krösches Kollegen in dieser Transferphase eher vorsichtig agieren.

Die Arbeit von Dino Toppmöller wird durch die anstehenden Veränderungen nicht einfacher. Der Eintracht-Trainer hat am Dienstag seine Profis vormittags zu einer Leistungsdiagnostik, nachmittags zum ersten Mannschaftstraining gebeten. Doppelschichten werden die kommenden Tage der Standard sein, um keine Zeit mehr zu verlieren. Nach einen XXL-Test über dreimal 45 Minuten gegen den SC Freiburg am Samstag folgt schon die Bundesliga-Partie beim Tabellenvierten RB Leipzig (13. Januar). Spätestens für den Auftritt bei seinem Ex-Klub hat sich Krösche eigentlich vorgenommen, alle Deals abzuschließen. Wer will, kann daraus eine Lehre des vergangenen Sommers ableiten.

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