Süddeutsche Zeitung

Eintracht Frankfurt im Supercup:"Es reicht noch nicht für dieses Level"

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Beim 0:2 im Endspiel von Helsinki bekommt die Eintracht aufgezeigt, dass Gegner vom Schlage Real Madrids in einer anderen Kategorie unterwegs sind - in Frankfurt nehmen sie trotzdem Zuversicht mit aus dem Abenteuer gegen die Spanier.

Von Javier Cáceres, Helsinki

Das Spiel war im Grunde gelaufen, und es konnte aufgrund des Spielverlaufs keinen größeren Zweifel daran geben, dass der Supercup in die Vitrinen von Real Madrid wandern würde. Aber Oliver Glasner, der Trainer von Eintracht Frankfurt, ordnete ein paar Spielerwechsel an, die zumindest etwas von der Ambition erzählten, die der SGE innewohnen sollen. Denn er stellte den argentinischen Mittelstürmer Lucas Alario zu dem ebenfalls als Mittelstürmer fungierenden Randal Kolo Muani, der aufs Feld gekommen war, um den Mittelstürmer Lucas Borré zu unterstützen.

Die Frankfurter Tautologie in der Offensivreihe änderte nichts am Resultat, das Real Madrid durch Tore von David Alaba (37. Minute) und Karim Benzema (65.) hergestellt hatte. Aber: Wenn man schon mal da ist, und vielleicht doch einer reinrollt...? Warum also nicht "die ganze Offensivkraft, die vorhanden war, aufs Feld bringen?" Dachte sich also Glasner.

Alario, Borré und Kolo standen sich zwar nicht direkt auf den Füßen, wie das häufig passiert, wenn zwei oder wie hier gar drei nominelle Neuner zusammen auf dem Feld stehen. Harmonie versprühten sie allerdings nicht, "sie sind zu oft auf einer Linie gewesen", erklärte Glasner. Andererseits: Alario und Kolo sind gerade erst zur Eintracht gestoßen - wie sollten sie einander kennen oder die Laufwege der Kollegen schon verinnerlicht haben? Als dramatisch empfand Glasner das freilich nicht. Wichtiger war ihm dies: "Diese Spiele, auch wenn es schmerzvolle Niederlagen sind, helfen uns, auf diesem Level wettbewerbsfähig zu werden", sagte Glasner, als er sehr aufgeräumt im holzvertäfelten Auditorium des Olympiastadions von Helsinki saß.

"Unser Maßstab ist nicht Real Madrid, unser Maßstab ist Hertha BSC", sagt Manager Krösche

Ein paar Räume weiter war zuvor Manager Markus Krösche erschienen, und auch ihm stand erkennbar nicht das Wasser in den Augen, weil die Eintracht einen Titel verfehlt hatte. "Unser Maßstab ist nicht Real Madrid, unser Maßstab ist die Bundesliga und Hertha BSC", sagte der Sportvorstand mit Blick auf die nächste Partie am Samstag in Berlin.

Und überhaupt: Wenn es etwas mitzunehmen gelte, dann dies: dass die Eintracht einiges sehr viel besser gemacht hatte als noch am Freitag, als sie zum Bundesliga-Auftakt vom FC Bayern verprügelt worden war, 0:5 zur Pause zurücklag und dann mit 1:6 verlor. Und wer weiß: Das Bad in einer Substanz namens Demut tut der Eintracht perspektivisch vielleicht nicht einmal so schlecht.

Denn: Was die Eintracht im vergangenen Jahr auf diversen Kontinentalreisen leistete, war zwar beachtlich. Sieg in der Europa-League und die damit einhergehende, erstmalige Qualifikation für die Champions League - das wirkt natürlich noch nach. Gleichzeitig waren diese Erfolge auch eine einzige Einladung an das leicht zu euphorisierende Umfeld, zu vergessen, dass der Klub in der Bundesliga am Ende nur auf Platz elf gelandet war. Nun wurden die Frankfurter im ersten Spiel ohne Filip Kostic mit der Realität konfrontiert. Kostic, der so oft auf der linken Außenbahn der Frankfurter brilliert hatte, steht unmittelbar vor einem Wechsel zu Juventus Turin.

"Wir haben gesehen, dass es für dieses Level und diesen Gegner heute noch nicht reicht. Wer mich kennt, weiß, dass das innerlich ziemlich an mir nagt. Ich tu' mich schwer, so etwas zu akzeptieren", sagte Coach Glasner. Er entschied sich übrigens für die gleiche Maßnahme wie sein Real-Madrid-Kollege Carlo Ancelotti. Die Ehre, das Supercup-Finale zu spielen, gebührte jenen, die in der vergangenen Saison die Siege errungen hatten. Zugänge wie Mario Götze (Eintracht) oder Antonio Rüdiger (Madrid) mussten außen vor bleiben. Das gab Glasner die Gelegenheit, sich aus nächster Distanz an der entschlossenen Haltung und Leidenschaft der Madrider Champions sattzusehen.

"Wie Casemiro an der Außenlinie reingrätscht, mit welcher unglaublichen Mentalität Militão einen Eckball 30 Meter rausköpft" oder auch wie sich Benzema vor Alabas Führungstreffer gegen zwei Frankfurter im Luftkampf durchsetzt - das waren laut Glasner kleine Szenen, die sinnbildlich standen für "Sachen, die auch auf diesem Level gefordert sind und die sich leichter erreichen lassen als die fußballerische Qualität eines Luka Modric oder eines Toni Kroos." Denn ja: Diese Qualität gab es auch - obgleich der Mittelfeld-Abräumer Casemiro zum Man of the Match bestimmt wurde. Aus guten Gründen.

Und dennoch: Der Österreicher Glasner sah, immerhin, über weite Strecken defensive Stabilität und auch hin und wieder gute Ballbesitzphasen, was auch Real-Trainer Ancelotti anerkannte. "Es war schwieriger, als man denken könnte", sekundierte der frühere Bayern-Coach. "Der Auftritt heute stimmt mich ziemlich zuversichtlich für die nächsten Wochen", erklärte wiederum Glasner. Die Reise nach Berlin ist ihm dennoch nicht geheuer.

Die Reise nach Helsinki habe Substanz gekostet; dass dem Wunsch der Frankfurter nach einer Verlegung der Bundesligapartie bei der Hertha von Samstag auf Sonntag nicht nachgekommen wurde, ließ den Österreicher regelrecht poltern, zumindest für seine Verhältnisse. "Wir hätten uns eine andere Ansetzung gewünscht, weil wir Deutschland und die deutsche Bundesliga heute vertreten haben. Jetzt müssen wir am Samstag in Berlin ran - bei über 30 Grad." Mit mutmaßlich schweren Beinen.

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