Süddeutsche Zeitung

Misstöne zwischen Deutschland und Amerika:Sarkastischer Brief aus Washington

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Mitte April hatte Außenminister Maas an seinen US-Amtskollegen Pompeo appelliert, die Folgen des Zahlungsstopps an die WHO "zu bedenken". Das Antwortschreiben zeugt von gravierenden Differenzen.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die USA halten an ihrem gegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verhängten Zahlungsstopp fest und haben Kritik aus Deutschland daran in scharfer Form zurückgewiesen. "Unsere höchste Priorität gilt dem Schutz von Leben, nicht öffentlichkeitswirksamen Gesten und kleinlicher Politik", heißt es in einem Antwortschreiben von US-Außenminister Mike Pompeo an seinen deutschen Kollegen Heiko Maas (SPD), das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Maas hatte sich Mitte April in einem Brief an Pompeo gewandt und "nachdrücklich" darum gebeten, die Folgen des Zahlungsstopps "zu bedenken und während der fortdauernden Krise zunächst keine Schritte zu operationalisieren, die die zuständigen Institutionen im System der Vereinten Nationen nachhaltig schwächen würden". Auf diese Bitte ging Pompeo nicht ein. US-Präsident Donald Trump hatte den Zahlungsstopp mit angeblichen Fehlern der WHO im Kampf gegen die Corona-Pandemie begründet und der Organisation vorgeworfen, sich dem Druck der Führung in Peking zu beugen. An einer von der EU-Kommission organisierten Geberkonferenz zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 nahmen die USA nicht teil.

In seinem Schreiben an Maas bekräftigte Pompeo vielmehr die Kritik an der WHO. Ungeachtet einer "Kette des Versagens" der Organisation sei das amerikanische Volk über Jahrzehnte ihr größter Geldgeber gewesen. "Von Sars über H1N1 und Ebola bis zum Wuhan-Virus hat die WHO wiederholt versagt darin, ihrer Kernmission gerecht zu werden, 'allen Völkern' zu helfen, das höchstmögliche Niveau bei der Gesundheitsvorsorge zu erreichen", kritisierte er. Als größter Geber der WHO hätten die USA "ein besonderes Interesse an ihrem Funktionieren, ihrer Transparenz und daran, dass sie Rechenschaft ablegt".

"Wir zählen auf Sie, Heiko"

Benötigt würden "funktionierende, verlässliche globale Institutionen, und nicht dysfunktionale, unfähige Bürokratien, die sich der Kommunistischen Partei Chinas auf Kosten von Menschenleben beugen", schrieb Pompeo und fügte an Maas gerichtet hinzu: "Stimmen Sie zu?" An anderer Stelle heißt es: "Wir zählen auf Sie, Heiko, mit uns diesen Kampf für die Freiheit zu führen."

Der mitunter fast sarkastische Ton des Schreibens ist kennzeichnend für die gravierenden und kaum noch kaschierten Dissonanzen zwischen Washington und Berlin, die auch in der Corona-Krise deutlich werden.

Die USA wollten sich weiterhin um eine Reform der WHO bemühen, kündigte Pompeo an. Zu untersuchen sei das "Timing" der WHO bei der Erklärung des internationalen Gesundheitsnotstandes, "ihre ungerechtfertigte Kritik an den US-Bemühungen, das amerikanische Volk zu schützen, und ihr öffentlicher Kotau vor dem Regime der Kommunistischen Partei Chinas".

Weiterhin "zutiefst verpflichtet" fühlten sich die Vereinigten Staaten der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Niemand sei großzügiger als die Amerikaner, wenn es um den Kampf gegen die Pandemie und ihre humanitären Folgen gehe, schrieb Pompeo. So hätten die USA bereits 745 Millionen US-Dollar bereitgestellt, Hunderte Millionen mehr würden in den kommenden Wochen folgen.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2020
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