Internationale Initiative:7,4 Milliarden gegen das Virus

EU Health Commissioner Kyriakides waits to speak on Coronavirus outbreak at the EU Parliament in Brussels

„Kein Land kann diese Pandemie alleine bekämpfen“: EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides.

(Foto: Reuters)

Eine Geberkonferenz aus 40 Staaten hat sich auf gemeinsame Hilfen zur Pandemiebekämpfung geeinigt. Doch nun geht es ans Detail und die Frage, wie genau das Geld eingesetzt wird.

Von Karoline Meta Beisel

Der Satz, dass das Corona-Virus keine Grenzen kennt, ist in den vergangenen Monaten zur Floskel geworden. Nun aber haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs einen neuen Satz ausgedacht, den sie bei der Geberkonferenz am Montag vielfach wiederholten: Das Virus kennt keine Grenzen, darum darf seine Bekämpfung auch keine kennen. Oder anders: Solange das Virus irgendwo auf dem Planeten wütet, droht der ganzen Welt die Ansteckung. "Kein Land kann diese Pandemie alleine bekämpfen", sagt auch EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Dienstag, einen Tag nachdem etwa 40 Staaten von Australien bis Kanada und von Norwegen bis Südafrika Zusammenarbeit gelobt haben. Insgesamt erzielte die Videokonferenz Mittel in Höhe von 7,4 Milliarden Euro für die Entwicklung von Impfstoffen, Arzneien und Tests - fast genauso viel, wie Gastgeberin Ursula von der Leyen zuvor als Zielmarke ausgegeben hatte.

Nachdem das Geld da ist, stellen sich umso dringender die praktischen Fragen: Unter welchen Bedingungen läuft die Zusammenarbeit, wofür konkret wird das Geld eingesetzt, und wer trifft die Entscheidungen? "Nur, wenn klare Verantwortlichkeit und Transparenz gewährleistet sind, können wir sicherstellen, dass die Mittel da ankommen, wo sie hinsollen. Diese Fragen standen von Anfang an im Zentrum unserer Diskussionen", sagt Kyriakides - und gibt damit zu, dass diese Fragen seit Wochen Thema, aber noch nicht beantwortet sind.

Sie ist trotzdem zuversichtlich, dass sich die beteiligten Staaten und Organisationen an ihr Versprechen halten werden, für das Wohl der Welt zusammenzuarbeiten. "Ich bin überzeugt, dass alle jetzt verstanden haben, dass das der richtige Weg ist", sagt die zypriotische Politikerin, die seit Beginn der Corona-Krise eng mit von der Leyen zusammenarbeitet. "Wenn jeder für sich arbeitet, bringt uns das einem Impfstoff auch nicht schneller näher."

Diese Erkenntnis dürfte auch der Grund sein, warum sie glaubt, dass sich noch weitere Länder der internationalen Initiative anschließen werden - die Geberkonferenz will noch bis Ende des Monats Beiträge entgegennehmen. China hatte am Montag zwar bereits teilgenommen und einen Betrag von umgerechnet gut 45 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die Vereinigten Staaten und Russland aber fehlen bislang auf der Länderliste. Der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) warnt darum, Dialog sei zwar wichtig, aber "wir brauchen auch einen Plan B". So sei es möglich, Zwangslizenzen zu erteilen, wenn ein Land Medikamente oder Impfstoffe doch für sich selbst beanspruchen will, statt den globalen Zugang zu ermöglichen, den die Staats- und Regierungschefs am Montagnachmittag versprochen haben. "Auch handelspolitische Maßnahmen sollten ins Auge gefasst werden, um dafür zu sorgen, dass Medikamente und Impfstoffe wirklich allen in der EU und weiteren Ländern zur Verfügung gestellt werden", sagt Liese. Kyriakides will an diesem Donnerstag erneut mit den EU-Gesundheitsministern konferieren. Die Frage des Zugangs zu möglichen Impfstoffen steht auf der Tagesordnung; ebenfalls bereite man sich darauf vor, mit interessierten EU-Ländern gemeinsam Medikamente gegen Covid-19 zu bestellen. Ähnlich war die EU-Kommission bei Beatmungsgeräten und Schutzkleidung vorgegangen, um auf dem internationalen Markt für diese knappen Güter stärker auftreten zu können. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Der Markt für Medikamente ist ebenfalls umkämpft.

Auch dabei sollte die Spendenkonferenz von Montagnachmittag helfen; die Mittel sollen auch dazu dienen, die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Welcher Anteil der 7,4 Milliarden Euro tatsächlich eine direkte Folge der Initiative ist, lässt sich übrigens nicht genau sagen: Um Länder, die früh gespendet haben, nicht zu bestrafen, rechnet die EU-Kommission alle Beiträge mit hinein, die die Länder nach dem 30. Januar zugesagt haben, als die Weltgesundheitsorganisation den Gesundheitsnotfall ausrief. Der britische Beitrag etwa besteht zu 100 Prozent aus bereits bekannten Zusagen; der deutsche dagegen nur zu einem guten Drittel. Gut möglich, dass man die genaue Zusammensetzung auch in Zukunft nicht genauer erfährt: Da es für die Zählung keine Rolle gespielt habe, habe man die Länder nicht um eine genauere Aufstellung gebeten, sagt eine Sprecherin der EU-Kommission.

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