Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:Papst ernennt Vermittler im Ukraine-Krieg

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Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna, soll eine vatikanische Friedensmission vorbereiten. Details sind noch unklar. Ukraines Präsident Selenskij sieht die Initiative skeptisch.

Papst Franziskus hat den italienischen Kardinal Matteo Zuppi zum Leiter einer Friedensmission zur Beendigung des Ukraine-Kriegs ernannt. Wie Vatikansprecher Matteo Bruni am Wochenende bestätigte, soll der Erzbischof von Bologna in Absprache mit dem vatikanischen Staatssekretariat zwischen Kiew und Moskau vermitteln.

Ziel sei es, Spannungen abzubauen und Wege zum Frieden aufzuzeigen. Der genaue Zeitpunkt und die Details der Mission müssten noch geklärt werden, hieß es. Der 67-jährige Zuppi ist Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz. Außerdem ist er der Gemeinschaft von Sant'Egidio eng verbunden, einer internationalen katholischen Laienorganisation mit Hauptsitz in Rom, die für den Vatikan schon wiederholt in delikaten Vermittlerfunktionen bei internationalen Konflikten tätig war - so zum Beispiel auch im Südsudan.

Papst Franziskus hatte Ende April auf dem Rückweg von seiner Ungarnreise von einer noch geheimen Friedensmission des Vatikans zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine gesprochen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij lehnte eine solche Mission nach einer Begegnung mit dem Papst Mitte Mai ab.

"Manchmal stinkt der Dialog"

Bei dem Treffen waren erneut Differenzen zwischen Franziskus und dem ukrainischen Präsidenten deutlich geworden: Franziskus wird seit Beginn des Angriffskriegs kritisiert, Russland gegenüber zu zurückhaltend zu sein und Wladimir Putin als Aggressor nicht klar genug zu benennen. "Manchmal stinkt der Dialog, aber er muss geführt werden", wurde der Papst zuletzt zitiert. "Denn sonst verschließen wir die einzige vernünftige Tür zum Frieden." Selenskij hatte das zurückgewiesen: "Bei allem Respekt für den Papst: Wir brauchen keine Vermittler zwischen der Ukraine und dem Aggressor, der unsere Gebiete besetzt hat, sondern einen Aktionsplan für einen gerechten Frieden in der Ukraine", sagte er nach seinem Besuch im Vatikan.

Der Mainzer katholische Bischof Peter Kohlgraf, zugleich Präsident der katholischen Friedensbewegung "Pax Christi", verteidigte am Sonntag in Leipzig die Haltung des Papstes: Dieser unterscheide klar zwischen Tätern und Opfern, setze aber langfristig auf Verhandlungen und Diplomatie. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dahinter die fehlende Bereitschaft verbirgt, Verantwortung übernehmen zu wollen oder Schuld klar zu benennen."

Durch die Parteinahme des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. für den Angriff habe der Krieg auch eine religiöse Dimension, so Kohlgraf weiter. Es werde das Feindbild einer säkularen Gesellschaft aufgebaut und der Krieg dagegengesetzt. Wenn Franziskus vor diesem Hintergrund eher die diplomatischen Wege beschreite, sei dies möglicherweise der einzige Weg, religiöse Gegensätze zu überwinden und gegnerische Konfessionen an einen Tisch zu holen.

Konfessionelle Gegensätze zu überwinden ist auch das Ziel anderer Kirchenoberer: Vergangene Woche weilte der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), der südafrikanische Theologe Jerry Pillay, zu Gesprächen in Moskau bei Patriarch Kyrill I. Im ÖRK sind 352 protestantische, anglikanische und orthodoxe Kirchen organisiert. Die russisch-orthodoxe Kirche ist sogar die zahlenmäßig mitgliederstärkste Kirche des ÖRK, wegen ihrer Unterstützung des Krieges aber innerhalb der Organisation isoliert.

Die ÖRK-Delegation wollte unter anderem die Möglichkeit zu einem runden Tisch mit den zwei verfeindeten ukrainisch-orthodoxen Kirchen und der russisch-orthodoxen Kirche ausloten. Nach dem Treffen mit Kyrill sprach Pillay von großen Herausforderungen. Zwar habe sich Kyrill zu einem Dialog grundsätzlich bereit erklärt, zuvor müssten jedoch innerhalb der Russischen Orthodoxen Kirche interne Konsultationen stattfinden.

Die Ansichten über den Konflikt, seine Ursachen und den Weg zu einem gerechten Frieden seien stark polarisiert, sagte Pillay. Der Weltkirchenrat sei aber seiner Berufung verpflichtet, Friedensstifter zu sein.

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