Süddeutsche Zeitung

Thüringen:Christian Lindner: "Wir sind beschämt"

Lesezeit: 2 min

Von Robert Roßmann, Berlin

FDP-Chef Christian Lindner hat sich dafür entschuldigt, dass sich sein Parteifreund Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Thüringer Ministerpräsidenten wählen hat lassen. Lindner sagte im Bundestag: "Wir sind beschämt, weil wir der AfD ermöglicht haben, uns - und darüber hinaus die parlamentarische Demokratie - zu verhöhnen." Dafür entschuldige er sich "namens der Freien Demokraten". Die FDP trage "Verantwortung für den Schaden von Thüringen". Dieser Verantwortung habe man sich "aber gestellt und binnen 24 Stunden die notwendigen ersten Konsequenzen gezogen".

In der vergangenen Woche war Kemmerich mit Stimmen von FDP-, CDU- und AfD-Abgeordneten gewählt worden. Nach massiver Kritik trat er später wieder zurück - er bleibt jedoch vorerst geschäftsführend im Amt.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte, in dem Fall gehe es "auch um die Verantwortung von uns als Union". In Thüringen sei "ein Ministerpräsident mit Unterstützung der AfD gewählt worden", das sei ein Fehler gewesen. Über die Beziehungen der AfD "zu rechtsextremen Szenen" und darüber, dass sie "in der Erinnerungskultur an die Shoa eine 180-Grad-Wende" wolle, sei viel geschrieben worden, sagte Ziemiak. Es gebe aber einen Tweet der AfD aus der vergangenen Woche, der bringe deren "komplette Haltung auf den Punkt". Da habe der Sprecher der AfD-Abgeordneten im EU-Parlament nach der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen getwittert: "Die Auswanderung Michel Friedmans rückt näher."

Genau das sei der Grund, warum "kein Ministerpräsident mit den Stimmen solcher Leute gewählt werden darf", sagte Ziemiak. Denn so einen Tweet könne "man nur mit einem Wort beschreiben: Das ist widerwärtig". Es gebe Leute, die fragten, warum der CDU-Generalsekretär den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke einen Nazi nenne. Die Antwort sei ganz einfach: "Weil er einer ist."

Der CDU-Generalsekretär verteidigte in der Debatte die Haltung seiner Partei, Koalitionen mit der Linken auszuschließen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, rief die CDU deshalb dazu auf, ihre Abgrenzungsbeschlüsse endlich zu überdenken. Schneider sagte, die ostdeutsche CDU müsse sich überlegen, ob sie mit der "fatalen Gleichsetzung" von Linken und AfD nicht das Geschäft der politischen Rechten betreibe. FDP und Union warf Schneider vor, bei der Wahl "bewusst" auf eine "Finte" der AfD eingestiegen zu sein, nur um den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten zu verhindern.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sagte dagegen, es sei "die demokratischste Sache der Welt", wenn ein demokratischer Abgeordneter von anderen Demokraten zum Ministerpräsidenten gewählt werde. Nicht normal sei es jedoch, das Ergebnis rückgängig machen zu wollen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4797499
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.