Süddeutsche Zeitung

Präsidentschaftswahl in der Ukraine:Schoko-Milliardär auf dem Weg zur Macht

Lesezeit: 2 min

Klitschko verzichtet für ihn, Umfragen sehen ihn vorne: Petro Poroschenko hat beste Chancen, der neue Präsident der Ukraine zu werden. Dem Süßwarenfabrikanten ist die Macht nicht fremd.

Von Daniela Dau

Bei den Protesten gegen den inzwischen abgesetzten Staatschef Janukowitsch hatte Vitali Klitschko eine führende Rolle gespielt. Doch nun tritt der Ex-Boxweltmeister zurück in die zweite Reihe und unterstützt stattdessen die Präsidentschaftskandidatur von Petro Poroschenko.

Vermutlich hat ihn ein Blick auf die jüngsten Umfrageergebnisse zu diesem Schritt bewogen: Nur 8,9 Prozent der Stimmen wären laut einer gemeinsamen Umfrage mehrerer Meinungsforschungsinstitute bei der am 25. Mai stattfindenden Präsidentschaftswahl auf Klitschko entfallen. Poroschenko dagegen kann mit knapp 25 Prozent rechnen. Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko liegt mit 8,2 Prozent zwar weit abgeschlagen zurück, hält aber an ihrer Kandidatur fest. "Die demokratischen Kräfte müssen einen gemeinsamen Kandidaten unterstützen", sagte Klitschko auf einem Kongress seiner Partei Udar (Schlag) in Kiew. "Das muss ein Kandidat sein, der die breiteste Unterstützung genießt."

Finanzier im Hintergrund

Auch Poroschenko war auf dem Unabhängigkeitsplatz in Maidan aktiv gewesen, hielt sich dabei allerdings eher im Hintergrund. Der aus Odessa stammende Parlamentsabgeordnete unterstützte die Massenproteste finanziell - kein Problem für einen der laut Forbes zehn reichsten Männer der Ukraine. Seinen Aufstieg begann der Milliardär in den Umbruchzeiten der neunziger Jahre mit dem Handel von Kakao-Bohnen, was ihm den Beinamen "Schokoladenkönig" und einen eher undurchsichtigen Ruf einbrachte. Inzwischen ist er neben seiner Funktion im Süßwarenkonzern Roshen auch als Autofabrikant tätig und kontrolliert eine Mediengruppe mit TV- und Radiosendern, darunter den einflußreichen 5. Kanal.

Politisch gilt der 48-Jährige Parlamentsabgeordnete als unabhängig, wenn auch der Udar-Partei nahestehend. Seine Präsidentschaftskandidatur ist nicht der erste Aufstieg in höhere politische Ämter, an dem Mann aus Odessa schien schon unter früheren Präsidenten kein Weg vorbeizuführen. Unter Viktor Juschtschenko war er Außenminister, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates und Direktor der Nationalbank. Der geschasste Ex-Präsident Viktor Janukowitsch vertraute ihm einst das Wirtschaftsministerium an. Poroschenko gilt als "politisches Chamäleon" schreibt der Tagesspiegel - und dass es auch noch andere, sehr viel unschönere Bezeichnungen für ihn gebe.

So zielstrebig wie flexibel verfolgt der Vater von vier Kindern seit jeher seine Interessen. Einerseits unterstützt er finanziell die prowestliche Maidan-Bewegung, andererseits exportiert er einen großen Teil seiner Süßwaren in GUS-Staaten. Als Volkstribun gerierte er sich auf dem Maidan nie, dies könnte sich nun als der entscheidende Vorteil erweisen. " Die Wähler bringen ihn gedanklich mit niemandem in Verbindung und gleichzeitig mit allen", sagt der Kiewer Politloge Wadim Karasjwe in der Südwest-Presse. Anderen Maidan-Vertretern, aber auch der früheren Regierungschefin Julia Timoschenko scheinen die Ukrainer mit tiefem Misstrauen zu begegnen. Man müsse ihnen ständig auf die Finger schauen, damit sie nicht wieder anfingen, zu stehlen und zu betrügen.

Bei der nun offiziell verkündeten Kandidatur versprach Poroschenko seinen Wählern fürs Erste "eine neue Armee, modern und effizient, die die Souveränität und Integrität der Ukraine verteidigt". Sein ehemaliger Konkurrent Vitali Klitschko dagegen will sich nun hauptsächlich um seine Heimatstadt Kiew kümmern: Er bewirbt sich um das Amt des Bürgermeisters.

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