Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Sie beißt sich durch

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Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sich Nancy Faeser als Innenministerin Respekt verschafft.

Von Constanze von Bullion

Sie bekämpft den Druck jetzt auf ihre Art. Am Mittwoch dieser Woche zum Beispiel, als in Berlin das Kabinett zusammentritt, zeigt sich die Innenministerin in "sehr guter Laune". So jedenfalls berichtet es nach der Sitzung der Regierungssprecher. Je schwieriger die Lage, desto demonstrativer die Zuversicht, so geht das eigentlich immer bei Nancy Faeser.

An diesem Freitag will die Sozialdemokratin verkünden, was sich in Berlin schon verbreitet hat: dass Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat sowie SPD-Landesvorsitzende in Hessen, ihre Partei in den Landtagswahlkampf führen will. Faeser weiß, dass ihr ein Kraftakt bevorsteht. Da ist nicht nur das Riesenministerium in Berlin, das für innere Sicherheit, Migration, kritische Infrastrukturen, Verfassungsfragen und Sport zuständig ist. In Hessen muss die SPD auch erheblich kämpfen, um an der CDU vorbeizukommen.

Dass beides schadlos zu schaffen ist, mag in Berlin nicht jeder glauben. Schon jetzt gehe zu wenig voran auf dem wichtigen Feld der Innenpolitik, bemängelten Grünen-Politiker. Die Union forderte Faeser auf, für eine Kandidatur auf ihr Ministeramt zu verzichten. Auch aus der SPD drangen zunächst Bedenken. Was, wenn Nancy Faeser nach verlorener Hessenwahl wieder in Vollzeit nach Berlin zurückkehrt? Dann wäre sie womöglich beschädigt.

Faeser dürfte solche Bedenken mit dem ihr eigenen Frohsinn wegwischen. Dabei hat sie schon vor Monaten erkennen lassen, dass sich sich nicht sehnt nach dieser Doppelrolle: Bundesministerin plus Spitzenkandidatin. Als Faeser 2021 Bundesinnenministerin wurde, brauchte sie Monate, um das Haus einigermaßen in den Griff zu kriegen. Manches wurde da an ihr vorbeientscheiden, anderes konnte sie wohl nicht durchsetzen oder ließ es liegen. Ankündigungen zu neuem Waffen- und Disziplinarrecht, auch zum Kampf gegen Rechtsextremismus folgte über Monate nichts.

Olaf Scholz hat seiner Innenministerin vollen Rückhalt versprochen

Inzwischen aber wächst Faesers Ansehen, weil sie sich durchbeißt. Einem Gesetz, das gut integrierten Asylbewerbern den Weg in den Arbeitsmarkt öffnen soll, folgte ein Entwurf für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Faeser will Sexualstraftäter im Netz erfolgreicher identifizieren - und streitet mit Justizminister Marco Buschmann ausdauernd über die Vorratsdatenspeicherung. Der Liberale ist nicht gut zu sprechen auf die Kollegin. Faeser scheint das eher wenig zu bekümmern.

Die 52-Jährige, die sich gut mit SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil versteht, gehört zu den wenigen SPD-Politikerinnen, die standhalten in der ersten Reihe. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht? Ist zurückgetreten. Nord-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig? Hat Schaden genommen an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Bleiben Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze - und Nancy Faeser, die der Kanzler wohl nicht für verzichtbar hält im Kabinett. Olaf Scholz soll seiner Innenministerin vollen Rückhalt versprochen haben für das, was jetzt auf sie zukommt. Scholz, erzählte Faeser mal, sei ein prima Kerl, richtig lustig. Er ist jetzt ihre Lebensversicherung.

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