Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Koalition weiter uneins über Heizungen

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Grundsätzlich dürfen vom kommenden Jahr an keine neuen Öl- und Gasbrenner mehr eingebaut werden. Doch bei den Details gehen die Vorstellungen von Grünen und Liberalen auseinander - etwa bei den geplanten Übergangsfristen.

Von Nicolas Richter, Berlin

Auch nach einer prinzipiellen Einigung zu klimafreundlichen Heizungen in Wohngebäuden ist sich die Ampelkoalition noch immer nicht über alle Details einig. Aus den beteiligten Ministerien gab es am Wochenende unterschiedliche Aussagen etwa zu geplanten Übergangsfristen. Vor allem Grüne und FDP versuchten, die Deutungshoheit über den erzielten Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz für sich zu beanspruchen.

Im Grundsatz haben sich die Regierungsparteien am Freitag darauf geeinigt, dass vom kommenden Jahr an keine neuen Öl- oder Gasbrenner mehr eingebaut werden dürfen. Stattdessen sollen neue Geräte verpflichtend mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Faktisch müssen daher in vielen Fällen Wärmepumpen oder Fernwärme zum Einsatz kommen. Die Regierung will damit das Klima schützen und das Land unabhängiger von fossilen Energieträgern machen, im Jahr 2045 soll Deutschland keine klimaschädlichen Emissionen mehr verursachen. Bestehende Öl- und Gasheizungen dürfen allerdings vorerst weiterbetrieben und auch repariert werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, wenn eine alte Heizung kaputtgehe und nicht mehr zu reparieren sei, greife eine Übergangsfrist: Dann dürfe für die Dauer von drei Jahren vorübergehend eine mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizung eingebaut werden, zum Beispiel ein gebrauchtes Gerät. Wenn ein Anschluss an das Fernwärmenetz absehbar sei, verlängere sich die Übergangsfrist auf fünf Jahre.

Differenzen bleiben aber unter anderem bei Gasetagenheizungen, wie sie in Altbauten noch verbreitet sind; dabei wird jede Wohnung von einem eigenen Gasbrenner erwärmt. Das Wirtschaftsministerium kündigt hier eine Übergangsfrist von insgesamt bis zu sechs Jahren an: Falle die erste Gasetagenheizung in dem Gebäude aus, hätten die Eigentümer erstens drei Jahre Zeit, um zu entscheiden, wie für das gesamte Gebäude auf erneuerbare Heizungen umgestellt werde. Zweitens erhielten sie, wenn sie sich für eine Zentralisierung der Heizung entschieden hätten, weitere drei Jahre Zeit für die Umsetzung.

In Kreisen des Finanzministeriums hieß es dagegen, die Eigentümer hätten zunächst drei Jahre Zeit für die grundsätzliche Entscheidung und anschließend zehn Jahre für die Umsetzung, also insgesamt 13 Jahre und damit mehr als doppelt so lang wie vom Wirtschaftsministerium vorgegeben.

In diesen unterschiedlichen Darstellungen zeigen sich weiterhin die Spannungen innerhalb der Ampelkoalition vor allem zwischen Grünen und Liberalen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wünscht sich mehr Ehrgeiz und Geschwindigkeit beim Klimaschutz. Die Liberalen hingegen wehren sich gegen allzu weitreichende staatliche Eingriffe. In Kreisen des von Christian Lindner (FDP) geführten Finanzministeriums heißt es, man habe erreicht, dass die Bürgerinnen und Bürger eine noch funktionierende Heizung nicht vorzeitig austauschen müssten.

Zu den geplanten Zuschüssen gibt es noch keine konkreten Pläne

Mit Blick auf die staatliche Förderung klimafreundlicher Heizungen sind die Details noch völlig unklar. Lindner plädiert dafür, das Alter der zu erneuernden Geräte zu beachten. "Die Staffelung könnte sich daran orientieren, wie alt und schmutzig die Heizung ist, die erneuert werden soll", sagte der FDP-Chef der Bild am Sonntag. Tendenziell hätten Menschen mit geringen finanziellen Mitteln auch Heizungen, die älter seien. Insofern sei damit eine soziale Komponente verbunden. Allgemein seien die Möglichkeiten der Förderung durch den Staat begrenzt.

Die Opposition kritisierte, dass nach wie vor unklar sei, wie der Umbau der Heizungen bezahlt werden soll. Die Einigung der Ampel sei für die Bürger eine "große Enttäuschung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der Rheinischen Post.

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