Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Deutschland will Grenzkontrollen nun doch verlängern

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Sechs EU-Staaten, darunter auch Deutschland, fordern von der EU-Kommission die Erlaubnis, die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums um sechs Monate zu verlängern. Bundesinnenminister Thomas de Maizière bestätigte am Samstag einen Bericht der Welt. Demnach zählten Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Dänemark und Schweden zu den Unterstützern der Initiative. In einem Brief an die EU-Kommission fordern die Staaten, ab Mitte Mai einen Krisenmechanismus zu aktivieren, der Kontrollen erlaubt.

Zur Begründung heißt es, dass die Lage an den EU-Außengrenzen zwar weniger dramatisch sei als in der Vergangenheit, "aber an einigen Orten noch andauernde Versäumnisse existieren". Die EU-Kommission will Mitte der kommenden Woche in einem sogenannten Evaluierungsbericht eine Verlängerung der Grenzkontrollen gestatten.

De Maizière hatte Ende der Kontrollen angekündigt

Die Kontrollen waren im September aufgrund der großen Zahl von über Österreich einreisenden Flüchtlingen vorübergehend wieder eingeführt worden. Inzwischen kommen wegen der Abriegelung der sogenannten Balkanroute aber deutlich weniger Menschen an. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte daher eine Aufhebung der Kontrollen angekündigt. Die CSU lehnte ein baldiges Ende der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze allerdings ab.

In ihrem wöchentlichen Video-Podcast in Berlin sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel allerdings für Reisefreiheit in der EU aus. Sie habe sich entschieden, "dafür zu kämpfen, dass wir unsere Außengrenzen schützen können, dass wir den Raum der Reisefreiheit, der Bewegungsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit behalten".

Mehr als 300 Minderjährige abgewiesen

An Deutschlands Grenzen sind einem Zeitungsbericht zufolge zwischen Jahresbeginn und Ende März 309 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zurückgewiesen worden. 280 davon allein an der bayerisch-österreichischen Grenze, Das berichtet die Passauer Neue Presse unter Berufung auf die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen.

160 der zurückgewiesenen Flüchtlinge stammten dem Bericht zufolge aus Afghanistan, 46 aus Syrien, 30 aus dem Irak, 17 aus Marokko, zwölf aus Pakistan und sieben aus Algerien. Grund der Einreiseverweigerung seien fehlende Einreisevoraussetzungen nach dem Schengener Grenzkodex gewesen.

Die Grünen äußerten scharfe Kritik an dem Vorgehen. "Die Bundespolizei ignoriert die Zuständigkeit der Jugendämter, Kindeswohl geht vor Grenzschutz", sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg. "Die Jugendlichen erhalten keinen Vormund und haben somit auch keine Chance, einen Asylantrag zu stellen." Viele der Betroffenen hätten eigentlich gute Chancen, in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Dafür bräuchten sie aber Beratung und Unterstützung.

Bei fast 6000 minderjährigen Flüchtlingen wissen die Behörden nicht, wo diese sich derzeit aufhalten.

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