Süddeutsche Zeitung

EU-Kommissionspräsident:Grüne uneins über Votum für Juncker

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Martin Schulz oder Jean-Claude Juncker? Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit rät seiner Partei dazu, Juncker als neuen Chef der EU-Kommission zu wählen. Doch das Führungspersonal zögert.

Im Machtpoker um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten wollen sich die Grünen offiziell noch nicht auf Martin Schulz oder Jean-Claude Juncker festlegen. Entscheidend seien die Inhalte, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner in Berlin am Rande des kleinen Parteitages der Grünen. Wichtig seien wirklicher Klimaschutz, eine weitere Demokratisierung der EU sowie die Position des künftigen Kommissionspräsidenten zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP).

Co-Parteichefin Simone Peter sagte lediglich, klar sei, dass einer der Spitzenkandidaten Chef der EU-Kommission werde müsse. Mit Blick auf das umstrittene Vorgehen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sie von einer Farce. Es seien zwei Kandidaten "vorgegaukelt" worden. Kaum sei die Wahl vorbei, wollten die Staats- und Regierungschefs, allen voran Angela Merkel, den Kommissionspräsidenten ausdealen. Dies sei Wählertäuschung und eine undemokratische Hinterzimmerpolitik. Kellner warf Merkel einen Zickzackkurs vor, der "sehr irritierend" sei.

Klares Votum für Juncker nötig

Zuvor hatte allerdings der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit seine Partei zur Unterstützung des konservativen EVP-Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker aus Luxemburg aufgerufen. "Ich habe viel zu kritisieren an Juncker, aber ich rate in diesem Fall den EU-Abgeordneten, sich hinter ihn zu stellen", sagte der scheidende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament der Frankfurter Rundschau. "Denn dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie", erklärte er.

Cohn-Bendit hatte Schulz bereits unmittelbar nach der Wahl scharf angegriffen. Er warf dem SPD-Politiker vor, einen nationalistischen Wahlkampf geführt zu haben. Er spielte damit auf ein Wahlplakat an, auf dem es hieß: "Nur wenn Sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden."

Der 69-jährige Cohn-Bendit war bei der Europawahl nicht wieder angetreten und will sich aus der aktiven Politik zurückziehen. Er sprach sich im Interview langfristig für eine Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten aus. Dann habe er "die gleiche Legitimität wie ein Regierungschef" und könne ihnen "auf Augenhöhe begegnen", sagte Cohn-Bendit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Freitag erstmals öffentlich für Juncker stark gemacht hat, nachdem sie zuvor eine Festlegung vermieden hatte. Diese Zurückhaltung der Kanzlerin löste bei den anderen deutschen Parteien Kritik aus, da Juncker als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) auch für die CDU hierzulande Wahlkampf gemacht hatte.

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