Süddeutsche Zeitung

CDU-Streit:Koch und Seehofer mimen Merkels Beschützer

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Die Unions-Ministerpräsidenten Seehofer und Koch verteidigen die Kanzlerin - doch die Zwischentöne sind nicht zu überhören.

Das neue Jahr hat für Angela Merkel unschön begonnen. Seit Tagen muss die Kanzlerin und Vorsitzende der CDU nun schon erleben, wie Parteifreunde an ihrem Führungsstil herummäkeln.

Zuspruch erhält Merkel auch - allerdings mitunter auch solchen, bei dem noch anderes mitschwingt.

Nun haben sich beispielsweise die Unionsministerpräsidenten Horst Seehofer und Roland Koch in die Causa eingeschaltet. Beide bügeln die Kritik an Merkels Führungsqualitäten ab.

Horst Seehofer erklärt in der ARD-Sendung "Beckmann" am Montagabend, die ewigen Diskussionen müssten aufhören. "Immerhin hat sie es nach 15 Jahren erreicht, dass Schwarz-Gelb wieder eine Mehrheit in Deutschland hat. Sie führt stark, und zwar früher die große Koalition wie jetzt die schwarz-gelbe Koalition", lobt der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident, und weiter: "Ich habe kein Verständnis für diese ständigen Zwischenrufe aus der zweiten und dritten Reihe gegenüber der Führungskraft der Kanzlerin."

Dann sagt Seehofer noch einen Satz, den manche nicht unbedingt als charmant auffassen: Er habe früher erklärt, wer Angela Merkel unterschätze, habe schon verloren. "Das sagt über ihre Führungskraft alles aus, "schiebt Seehofer nach, "und zwar positiv."

Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch gab den Merkel-Beschützer. Er erklärte im Hamburger Abendblatt: "Die CDU in Deutschland steht hinter Angela Merkel, und keiner in der Parteiführung wird zulassen, dass eine Debatte über unsere Parteivorsitzende losgetreten wird."

Koch, der Merkels Stellvertreter im CDU-Vorstand ist, forderte im selben Blatt allerdings auch eine "neue Diskussionskultur" in der Partei. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Vielstimmigkeit innerhalb der CDU abnimmt", sagte er. "Eine Partei kann es auf Dauer nicht ertragen, dass man jedes Thema endlos diskutiert."

Merkel ist dafür bekannt, politische Themen und Streitpunkte laufen zu lassen, um zu sehen, wohin sich die Debatte bewegt, statt sich schnell zu entscheiden.

Geißler: "Die CDU ist keine Volksarmee"

Er halte es für die wichtigste Aufgabe der CDU in den kommenden Jahren, eine neue Diskussionskultur zu entwickeln, sagte Koch, der Merkel einst zum Verzicht auf die Kanzlerkandidatur zugunsten Edmund Stoibers gedrängt hatte.

"Die Attraktivität der CDU wird am Ende daran gemessen, ob sie fähig ist, in einer sich verändernden Gesellschaft Konflikte aufzunehmen, emotionsfrei zu diskutieren und nachvollziehbar zu einer Mehrheitsentscheidung zu bringen." Diese Entscheidung müsse dann "von allen in der Partei vertreten werden".

Merkel wird diese Sätze aufmerksam lesen - und ihre Schlüsse ziehen. Sie bekleidet seit dem Jahr 2000 den CDU-Vorsitz. An wen, wenn nicht an die langjährige Vorsitzende, richtet sich solch ein Appell wie der von Koch?

"Kindergartenstreitereien"

Auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, der dem linken CDU-Flügel angehört, äußerte sich zu dem Streit um Merkels Führungsstil: "Solche Debatten werden nur von Politikern geführt, die ihre Lektionen noch immer nicht gelernt haben", schimpfte Geißler in den Ruhr Nachrichten.

"Die Kritiker verwechseln die CDU offenbar mit der alten preußischen Armee, wo das Prinzip von Befehl und Gehorsam herrschte", sagte Geißler. "Der Vorsitzende der Seniorenunion, Herr Wulff, fordert sogar Korpsgeist in der CDU. Die CDU ist keine Volksarmee, sondern eine demokratische Partei", sagte Geißler. "Wenn Angela Merkel den Forderungen ihrer Kritiker nachgeben würde, rutschte die CDU bald unter 30 Prozent. Zum Kurs der Kanzlerin und Parteichefin gibt es keine Alternative. Alles andere sind Kindergartenstreitereien."

Zum Kurs von Merkel gebe es keine Alternative, erklärte Geißler. Ihre Kritiker wollten nur einen "wirtschaftsliberalen und alt-konservativen Kurs" wiederbeleben, von dem sich die Kanzlerin zu Recht verabschiedet habe.

Endlich, formulierte der Polit-Veteran, benehme sich die CDU nicht mehr wie eine "aufgeblasene FDP" - damit kritisierte er Merkels frühere Posititionen im Nachhinein.

Es ist auch eine Mahnung an Merkel, sozial-, gesundheits- und wirtschaftspolitisch nicht bald das Lied der FDP zu singen.

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