Süddeutsche Zeitung

CDU:An die Arbeit

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Von Robert Roßmann, Berlin

Angela Merkel war seit April 2000 Vorsitzende der CDU, in all den Jahren lag es an ihr, die Präsidiumssitzungen der Partei zu leiten. Doch damit ist es jetzt vorbei. An diesem Montag übernahm zum ersten Mal Annegret Kramp-Karrenbauer den Vorsitz im engsten Führungszirkel der CDU. Man hat schon bei deutlich kleineren Anlässen von einer Zäsur gesprochen - es hätte also einigen Anlass gegeben, die Sitzung mit allerlei Brimborium zu beginnen. Doch in der CDU hält man von derlei nicht mehr viel, die Partei ist in den 18 Jahren Merkel ziemlich nüchtern geworden. Und so verlief Sitzung eins der Ära AKK erstaunlich geschäftsmäßig. Es gab nicht einmal die ansonsten übliche Pressekonferenz.

Erst als alles vorbei war, zeigte sich, dass dieser 17. Dezember 2018 doch ein besonderer Tag im Adenauer-Haus war. Viele Mitarbeiter der CDU-Zentrale hatten darum gebeten, noch ein Abschiedsfoto mit der bisherigen Vorsitzenden machen zu dürfen. Und so entschwand Merkel diesmal nicht sofort nach der Sitzung aus dem Adenauer-Haus, sondern erfüllte die Wünsche geduldig.

Gut zwei Stunden hatte die Präsidiumssitzung zuvor gedauert. Kramp-Karrenbauer eröffnete sie Teilnehmerangaben zufolge ohne Selbstreflexionen über ihre neue Rolle oder besondere Danksagungen. Stattdessen ging es gleich um Themen wie die Klausur des CDU-Vorstands Mitte Januar. Dort soll über die Jahresarbeitsplanung 2019 gesprochen werden, mit einem besonderen Blick auf die Europawahl und die drei Landtagswahlen in Ostdeutschland. Die Klausur wird jetzt nicht, wie bisher angekündigt, in Erfurt, sondern in Potsdam stattfinden - aus organisatorischen Gründen, wie es hieß. Bei der Klausur erwartet die CDU auch zwei Gäste aus dem Süden: Horst Seehofer will sich, wenige Tage vor seinem geplanten Rückzug vom CSU-Vorsitz, von der Schwesterpartei verabschieden. Und Manfred Weber kommt als gemeinsamer Spitzenkandidat von CDU und CSU bei der Europawahl nach Potsdam.

Vor allem beim wirtschaftspolitischen Profil der Partei sehen mehrere Präsidiumsmitglieder Nachholbedarf

Als Erster nach Kramp-Karrenbauer ergriff in der CDU-Präsidiumssitzung Paul Ziemiak das Wort, aber nur kurz. Der neue Generalsekretär legte dar, dass es bisher keine Indizien für eine nennenswerte Austrittswelle enttäuschter Anhänger von Friedrich Merz gebe.

Erst dann kam Merkel an die Reihe. Die Kanzlerin ist zwar kein gewähltes Mitglied des Präsidiums mehr, sie darf in Zukunft aber qua Amt an den Sitzungen teilnehmen, um über das Regierungshandeln zu informieren. Auch von Merkel gab es am Montag keine bewegenden Abschiedsworte. Stattdessen referierte sie vor allem über die Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfeltreffens und die Brexit-Gespräche.

Anschließend soll sich im Präsidium eine "lebhafte Diskussion" entsponnen haben. Teilnehmern zufolge ging es darum, wie die CDU nach dem Parteitag und dem Führungswechsel dastehe - und was jetzt zu tun sei. Mehrere Präsidiumsmitglieder wiesen darauf hin, dass Merz für viele in der CDU auch eine Projektionsfläche gewesen sei. Die starke Unterstützung für den Ex-Unionsfraktionschef habe gezeigt, dass in der CDU in den vergangenen Jahren einige Themen deutlich zu kurz gekommen seien. Vor allem beim wirtschaftspolitischen Profil der Partei seien Nachbesserungen notwendig. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass Forderungen nach Steuersenkungen alleine längst nicht mehr reichen würden. Es müsse etwa auch um Innovationen, die Chancen der Digitalisierung und die Herausforderungen durch die Konkurrenz mit China gehen.

Was Merz künftig in der CDU machen soll, blieb allerdings auch am Montag unklar. Kramp-Karrenbauer berichtete im Präsidium von ihrem Gespräch mit Merz in der vergangenen Woche und bat um Vertrauen dafür, dass sie eine gute Lösung finden werde. Im Januar soll es ein zweites Treffen der neuen CDU-Chefin mit ihrem unterlegenen Konkurrenten geben.

Im Präsidium ging es aber auch um die Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Der Thüringer Landesvorsitzende Mike Mohring sagte, die CDU müsse die Anerkennung der Lebensleistung von Bürgern mit Ost-Biografie zu einem zentralen Thema machen und dabei die Lage der Rentner in den Fokus rücken. Nach der Sitzung bilanzierte CDU-Vize Volker Bouffier dann, das erste Präsidium mit der neuen Chefin sei "sehr sachlich und arbeitsintensiv" gewesen.

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SZ vom 18.12.2018
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