Süddeutsche Zeitung

Streit um Agrarkürzungen:SPD-Fraktionschef sieht schwere Belastungsprobe für Ampel

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Rolf Mützenich ist ein Mann der ruhigen Töne, nun greift er deutlich wie selten die FDP an - weil sie die Sparbeschlüsse infrage stellt. Man könne ja auch die Schuldenbremse aussetzen.

Von Georg Ismar, Berlin

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sieht angesichts des FDP-Vetos gegen die zuvor von den Koalitionsspitzen vereinbarte Streichung von Subventionen für die Landwirte eine schwere Belastungsprobe für die Ampelkoalition. Die SPD habe in schwieriger Zeit Regierungsverantwortung übernommen, sagte Mützenich der Süddeutschen Zeitung. "Wir erwarten, dass auch andere bereit sind, ihren Teil zu einer guten Regierungsführung beizutragen. "In diesen Tagen vermisse ich eine solche Haltung", warnte er vor einem Infragestellen der Regierungsfähigkeit.

Laut FDP-Fraktionschef Christian Dürr sind die Sparbeschlüsse für Landwirte, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgehandelt hatte, in jetziger Form nicht zustimmungsfähig für seine Partei. Auch Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stemmt sich gegen die Pläne, die Deutschlands Landwirte durch Streichungen von Begünstigungen mit knapp einer Milliarde Euro zusätzlich belasten könnten. Wegen der Sparzwänge im Haushalt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein Aus für Begünstigungen beim Agrardiesel und für die Kfz-Steuerbefreiung geplant. Tausende Landwirte demonstrierten am Montag mit rund 3000 Traktoren in Berlin.

Kritiker sollen alternative Lösungen vorschlagen, verlangt Mützenich

Man werde sich mit den Koalitionspartnern in den kommenden Wochen zusammensetzen und prüfen, "ob die Vorschläge der Regierung zur Konsolidierung des Haushalts nachvollziehbar, gerecht und effektiv sind", sagte Mützenich. "Wenn bereits heute einzelne Vorschläge gänzlich infrage gestellt werden, dann verlange ich konkrete Alternativen aus dem jeweiligen Verantwortungsbereich, um für das kommende Jahr einen soliden Haushalt auf den Weg zu bringen."

Er betonte zudem, dass für die umfänglichen und notwendigen Hilfen zugunsten der Ukraine auch andere Instrumente in der Verfassung zur Verfügung gestanden hätten. Damit spielte er auf eine Notlage auch im kommenden Jahr und eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse an, was die FDP aber bisher abblockt.

"Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat uns in einem Übermaß Entscheidungen abverlangt, die sonst nicht hätten getroffen werden müssen." Ziel der SPD sei es in dieser Lage, die Demokratie und die Rechte von Arbeitnehmern und ihren Familien zu verteidigen sowie den Strukturwandel hin zum klimaneutralen Umbau des Landes zu bewerkstelligen.

"Auf unserem Bundesparteitag haben wir vergangene Woche aufgezeigt, wie die Kraft unseres Landes durch eine bessere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums gestärkt werden könnte. Dafür haben wir derzeit aber weder in der Koalition noch im Parlament eine Mehrheit." Das sei bedauerlich. "In dieser Situation bleibt uns keine andere Möglichkeit, als im Rahmen des gegenwärtigen Haushalts nach Lösungen zu suchen." Deutschland befinde sich, wie andere Länder auch, in einem epochalen Umbruch. Das hieraus Probleme und Verteilungskämpfe erwüchsen, könne niemanden verwundern. Zudem stehe mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine die Ordnung in Europa vor ihrer schwersten Bewährungsprobe seit dem Ende des Kalten Krieges.

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