Süddeutsche Zeitung

Urlaub:War was?

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Viele asiatische Länder heben ihre strengen Einreiseregeln auf - und hoffen vor allem auf risikofreudige Europäer.

Von David Pfeifer, Colombo

Wer den Winter mit Sommer unterbrechen wollte, musste schon immer ein stabiles Nervenkostüm haben. Sonnenbaden bei Autokraten, Jetski-Fahren in Entwicklungsländern, und dann daheim die Bräune rechtfertigen - von wegen Flugscham. Man konnte gut argumentieren, wenn man nach Südostasien reiste: Reiche Kultur, weniger reiche Menschen - da drängt sich ein Transfer geradezu auf. Doch dann kam die Pandemie.

Plötzlich machte, wer sich noch traute, Bekanntschaft mit der harten asiatischen Bürokratie, die der deutschen in nichts nachsteht, vor allem was das Aufschütten von Papierbergen angeht. Wie Schüler bei der Klassenfahrt standen Fernreisende mit Klarsichthüllen an den Schaltern von Fluglinien, um prüfen zu lassen, ob sie auch alles beisammenhatten, für das Einreise-Prozedere nach Thailand, Bali oder Singapur. Überall musste man Zusatzkrankenversicherungen abschließen, Apps herunterladen, persönliche Daten preisgeben, QR-Codes scannen. Manchmal musste man, um eine Einreiseerlaubnis zu bekommen, sogar Hotels buchen, die man nicht erstattet bekam, wenn man vor Abflug positiv getestet wurde. Das war den allermeisten dann doch zu viel Nervenkitzel.

Allein in Thailand fielen die Besucherzahlen von etwa 40 Millionen in der letzten Vor-Covid-Saison auf wenige Hunderttausend vergangenes Weihnachten - normalerweise Hochsaison. Auf die Philippinen, nach Malaysia, Laos, Vietnam, Kambodscha und nach Indonesien kam man gar nicht mehr. In einigen dieser Länder patrouillierten Soldaten auf den Straßen, um die Bevölkerung vor dem Virus zu schützen.

Das scheint nun alles vergessen zu sein. Auf die Philippinen kann seit Kurzem reisen, wer doppelt geimpft ist. Nach Vietnam darf man sogar nur mit PCR-Test. Kambodscha erreichen Geimpfte ohne Test, genau wie Thailand. Dort muss man allerdings eine Nacht in Quarantäne, wie auch auf Bali. Vom 17. April an soll sogar wieder Urlaub in Myanmar möglich sein. Aber war da nicht was, wird sich der ein oder die andere gebildete Reiselustige fragen? Es herrscht immer noch die Junta, die das eigene Volk tyrannisiert und tötet. Doch die Generäle brauchen Geld, um ihre Macht zu konsolidieren, da könnten Devisen helfen. Sightseeing und Bürgerkrieg - das dürfte dann doch eine zu harte Kombination sein, auch für nervenstarke Winterurlauber.

Die Lockerungen gegenüber den seuchentechnisch eher sorglosen Europäern liegen auch daran, dass Chinesen und Russen, die früher stärksten Besuchergruppen, vorerst ausbleiben werden. Die einen dürfen nicht wieder zurück in ihre Heimat, ohne eine harte Quarantäne zu durchlaufen. Die anderen kommen kaum raus aus ihrem Land, und wenn, können sie im Ausland keine Rubel abheben.

Also geht es nun mit den südostasiatischen Öffnungen vor allem darum, in der ausklingenden Saison Signale zu senden an diejenigen, die reisen können und genügend Geld und Nerven haben, um eine Unterbrechung für den nächsten Winter zu buchen. Das kommt einem in Deutschland vielleicht gerade seltsam vor, wo man dem Sommer entgegenfiebert. Aber: In acht Monaten ist schon wieder Weihnachten.

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