Süddeutsche Zeitung

Jazz-Gipfeltreffen:Dreimal verblüffend

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Die französischen Stars Emile Parisien und Vincent Peirani spielen im Prinzregententheater im Duo und mit ihren aktuellen eigenen Bands. Ein Abend mit vielen musikalischen Farben.

Von Oliver Hochkeppel

Langweilig wird sie bestimmt nicht, die aktuelle Karsten-Jahnke-"Jazz Night" im Prinzregententheater: Nicht nur, weil mit dem Akkordeonisten Vincent Peirani und seinem engen Freund, dem Saxofonisten Emile Parisien, die zwei momentan erfolgreichsten französischen Jazzer zu Gast sind, die auch in Deutschland dank ihrer Bindung ans Münchner Act-Label und viele Auftritte mit Michael Wollny oder Joachim Kühn sehr populär sind. Sondern auch, weil sie gleich mit drei Besetzungen antreten und dabei sieben weitere Hochkaräter mitbringen. Erst spielen Peiranis Jokers, dann Emiles Louise, im Finale schließlich die beiden im Duo.

Drei ganz unterschiedliche musikalische Farben darf man da erwarten. Peiranis neues Projekt Jokers ist ein Trio, das er für zwei Konzerte des NDR gründete, bei denen er etwas ganz Neues ausprobieren sollte und durfte: Erstmals beschäftigte sich Peirani hier explizit mit Rockmusik und erweiterte dafür den Sound seines Instruments um elektronische Effekte. Paradoxerweise ergibt sich daraus selbst noch bei Hardcore-Coverstücken wie Marilyn Mansons "This Is the New Shit" oder "Copy of A" von den Nine Inch Nails eine umso poetischere, auf Klangbilder konzentrierte und von Virtuosität abgewandte Musik.

Was vor allem damit zu tun hat, dass er mit dem italienischen (aber auch in Paris lebenden) Gitarristen Federico Casagrande und dem israelischen, lange in den USA lebenden und nun ebenfalls nach Frankreich gezogenen Schlagzeuger Ziv Ravitz zwei Mitstreiter gefunden hat, die wie er einen starken Jazz-Background haben, aber auch über einen weiten musikalischen Horizont und ein besonderes Faible für Rock und elektronische Musik verfügen.

Auf ähnliche Weise stellt das Sextett Louise für Emile Parisien einen neuen Schritt dar: Eine Verbeugung vor den amerikanischen Wurzeln seiner Jazz-Leidenschaft: "Es war Zeit für mich, zu der Quelle zurückzukehren, die mir die Liebe zum Jazz überhaupt gegeben hat", sagt er. Deshalb spielen hier nicht nur zwei seiner engsten französischen Wegbegleiter mit ihm, der Gitarrist Manu Codjia (vielen Münchnern auch seit seinem Gewinn des BMW Welt Jazz Awards 2015 bekannt) und der Pianist Roberto Negro, sondern mit dem Bassisten Joe Martin, dem Trompeter Theo Croker und dem Schlagzeuger Nasheet Waits auch drei amerikanische Cracks.

Croker und Martin lernte Parisien 2018 auf der Blue Note Tribute Tour mit den Jazz Animals kennen, woraus sich eine besondere musikalischen Verbindung und Freundschaft entwickelte. Croker ist seitdem mit seinen eigenen Projekten auch zum vielleicht hellsten neuen Star unter den Jazztrompetern avanciert. Mit Waits, einem der herausragenden, gefragtesten Drummer der Gegenwart, kreuzten sich die Wege auf Festivals, sein Spiel prägt die Band rhythmisch.

Beim abschließenden Duo darf man dann noch einmal in Reinkultur erleben, womit die beiden bei vielen Konzerten in der Unterfahrt und in den anderen wichtigen Clubs ihr Publikum verblüfft und erobert haben. Peiranis revolutionäres Akkordeonspiel, das die Klangmöglichkeiten seines Instruments in eine neue Dimension erhoben hat. Und Parisiens unerreichte Meisterschaft auf dem Sopransaxofon, das er sich ja in der Tradition eines Sidney Bechet als Haupt- und nicht wie fast alle anderen Saxofonisten als Zweit- oder Drittinstrument erkoren hat.

Emile Parisien & Vincent Peirani, Fr., 12. Mai, 20 Uhr, Prinzregententheater, Prinzregentenplatz 12, www.theaterakademie.de

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