Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Mit Gottvertrauen und Gauweiler

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Bei Schloss Allmannshausen plant ein christliches Jugendwerk einen großen Neubau auf dem Gelände des Freistaats. Der Nachbar würde der Organisation Grund abtreten, möchte im Gegenzug aber selbst Baurecht - und schaltet prominente Juristen ein.

Von Sabine Bader, Berg

Wort des Lebens (WDL) will am Starnberger See groß bauen. Die christliche Jugendorganisation veranstaltet seit 1969 in der Seeburg in Allmannshausen und im nahe gelegenen Schoss Unterallmannshausen Freizeiten für Kinder und Jugendliche. Doch es geht nicht nur um ein Bauvorhaben, es geht auch um Schwarzbauten und um die Anwälte Peter Gauweiler und Alfred Sauter (beide CSU), die im Zuge der WDL-Pläne versuchen, für einen Münchner Industriellen, dem das Nachbargrundstück gehört, Baurecht zu erwirken. Eine brisante Gemengelage.

Mit einer Art Werbefilm für WDL-Freizeiten versucht Geschäftsführer Marco Seeba die Berger Gemeinderäte zu Beginn der jüngsten Sitzung auf das Vorhaben einzustimmen. "Damit Sie wissen, was wir machen", sagt er locker. Schon flimmert der blaue See über die Leinwand, die Sonne lacht, Kinder und Jugendliche tun es auch. Sie toben fröhlich im Wasser, robben durch den Schlamm, grillen am Lagerfeuer, tanzen und musizieren: So schön kann ein Urlaub bei Wort des Lebens sein.

Dann folgen Fakten: Die Organisation will das ehemalige Stallgebäude hinter dem denkmalgeschützten Schloss abbrechen und dort einen wesentlich voluminöseren, modernen Neubau errichten. Darin sind Schlaf- und Freizeiträume geplant. Denn man will die Zimmer im alten Schloss zeitgemäß sanieren und mit Bädern ausstatten. WDL möchte künftig neben Ferienfreizeiten auch vermehrt Aufenthalte für kleinere Gruppen von Ministranten und Konfirmanden anbieten. "Wir brauchen mehr Flexibilität", sagt Seeba. WDL hat mit dem Freistaat, dem beide Schlösser gehören, einen langfristigen Pachtvertrag, den beide Seiten gerade neu verhandeln.

Im Zuge seiner Ausführungen wird deutlich, dass es auf dem Gelände zahlreiche Bauten gibt, für die WDL nie eine Genehmigung eingeholt hat - darunter ein Fußball- und ein Kunstrasenplatz, Pavillons sowie zahlreiche Bauwagen und Container. Das sei einfach "so gewachsen", heißt es dazu von WDL. Etliche der Schwarzbauten befinden sich auf dem Nachbargrundstück, das WDL mit Erlaubnis des Eigentümers seit vielen Jahren zum Teil mit nutzt.

Hierfür liegt der Gemeinde jetzt auch ein Antrag vor, den Planungsbereich auf das Nachbargelände auszuweiten. Laut Verwaltung wäre der Eigentümer bereit, Wort des Lebens einen Teil seines Grundstücks dauerhaft zu überlassen und ein sanierungsbedürftiges Gebäude abzubrechen. Im Gegenzug will er dafür etwas weiter südlich auf dem Grundstück Baurecht erhalten. Das sei ein "rechtswidriges Koppelungsgeschäft", heißt es klar aus dem Berger Rathaus.

Wohl um seinen Wünschen mehr Nachdruck zu verleihen, hat sich der Grundstückseigentümer einflussreiche Unterstützer geholt: die Rechtsanwälte Alfred Sauter und Peter Gauweiler, die gemeinsam eine Kanzlei in München betreiben. Gauweiler lebt in Berg, kennt also die örtlichen Gegebenheiten gut. Auf die Frage, ob einer der Juristen in dieser Sache schon bei ihm vorgesprochen habe, sagte Bergs Bürgermeister Rupert Steigenberger. "Ja, mehr als einmal, seit ich im Amt bin." Gauweiler ließ der SZ auf Anfrage am Mittwoch lediglich ausrichten: Er habe in dieser Angelegenheit nichts zu sagen. Sauter wiederum verwies auf Gauweiler.

In Vorgesprächen der Gemeinde mit dem Landratsamt sei deutlich geworden, dass die Kreisbehörde einer Befreiung aus dem Landschaftsschutz nur dann zustimmen könne, wenn sie den nahen Umgriff von Schloss und ehemaligem Stallgebäude betreffe, so die Verwaltung. Würde der Umgriff auf das Nachbarareal ausgeweitet, bedürfte es eines offiziellen Verfahrens, um das Gelände aus dem Landschaftschutz zu nehmen. Das wäre langwierig und erforderte die Zustimmung der Kreisgremien. Und: Das Landratsamt messe dem Unterfangen auch keine großen Erfolgsaussichten bei.

Alles in allem waren auch die Gemeinderäte skeptisch. Der geplante Neubau erschien vielen von ihnen als zu massiv und zu groß. "Das wird riesig", prognostizierte Andreas Ammer (QUH). Und Sissi Fuchsenberger (SPD) sprach von einem "Wahnsinnsbaukörper". Die Fülle an Schwarzbauten irritierte das Gremium ebenso wie der unverblümte Bau-Wunsch des Nachbarn. Darum beschlossen die Gemeinderäte eine Ortsbesichtigung, um sich erst einmal selbst ein Bild von den Gegebenheiten zu machen. Auf die Frage von Bürgermeister Steigenberger, wie das christliche Jugendwerk, das durch die Corona-Pandemie ohnehin erhebliche Einnahmeverluste zu verschmerzen hat, ein Bauvorhaben dieser Größenordnung überhaupt finanzieren wolle, antwortet WDL-Chef Seeba: Er vertraue auf Spenden und auf Gott.

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SZ vom 10.06.2021
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