Süddeutsche Zeitung

Überfall-Serie in München:Weggeworfene Zigarettenkippe wird Tankstellen-Räuber zum Verhängnis

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Zehn Tankstellen überfällt der 25-Jährige im Münchner Stadtgebiet, eine sogar zweimal. Die Polizei kommt ihm durch forensische Tatortarbeit auf die Spur - wie man sie vor allem aus amerikanischen Krimiserien kennt.

Von Joachim Mölter

Die Serie von Überfällen auf Münchner Tankstellen scheint aufgeklärt zu sein. Spezialeinheiten haben am Dienstag einen 25 Jahre alten Mann in seiner Wohnung in der Ludwigsvorstadt festgenommen; ihm werden insgesamt elf Taten vorgeworfen, neun vollendete und zwei versuchte. Der Mann hat bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt, er sitzt nun in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe, sagte die Staatsanwältin Juliane Grotz bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Erbeutet hatte der derzeit beschäftigungslose Mann insgesamt nur einen mittleren vierstelligen Betrag, dazu Tabakwaren und alkoholische Getränke in einem nicht bezifferten Wert, wie Stefan Grube mitteilte, der Chef des Fachkommissariats für Raubdelikte.

Die Polizei kam dem Täter durch forensische Tatortarbeit auf die Spur, wie man sie vor allem aus amerikanischen Krimiserien kennt - in diesem Fall mithilfe einer weggeworfenen Zigarettenkippe. Die war am 12. Februar nach dem zehnten Überfall in der Nähe des Tatorts am Gasteig sichergestellt worden und konnte bei einem DNA-Abgleich zweifelsfrei dem 25-Jährigen zugeordnet werden. Wie Grube erklärte, war der Mann unter anderem wegen Drogen- und Diebstahlsdelikten bereits polizeibekannt; sein DNA-Profil lag wegen einer räuberischen Erpressung vor.

Begonnen hatte die Serie am 5. Januar mit einem Überfall auf eine Tankstelle in der Kapuzinerstraße; die suchte der Täter einen Monat später sogar noch einmal heim. Es folgten Taten in der Landsberger Straße, Bodenseestraße, Lortzingstraße, Nymphenburger Straße, Leonrodstraße, Hochstraße sowie zuletzt am 19. Februar in der Martin-Luther-Straße in Obergiesing. Bei zwei Versuchen scheiterte der Täter, jeweils am 20. Januar in der Innenstadt. Trotzdem gab er an diesem Tag nicht eher auf, als bis er in Pasing erfolgreich war.

Bei den Überfällen trug er eine Soft-Air-Pistole bei sich

Die Täterbeschreibung war in allen Fällen ähnlich, ebenso die Vorgehensweise, wie der Kommissariatsleiter Stefan Grube erklärte: Der Mann habe stets gewartet, bis keine Kunden im Verkaufsraum waren, und dann vom Tankstellen-Mitarbeiter an der Kasse Bargeld verlangt, mitunter nahm er sich auch Zigaretten und alkoholische Getränke.

Seinen Forderungen verlieh er Nachdruck, indem er auf eine im Hosenbund steckende Waffe hinwies. Dabei habe es sich um eine sogenannte Anscheinswaffe gehandelt (in der Umgangssprache auch Soft-Air-Pistole genannt), die von ihrem Erscheinungsbild her jedoch nicht von einer scharfen Schusswaffe zu unterscheiden sei, wie Grube sagte. Dreimal habe der 25-Jährige die Waffe auch aus dem Hosenbund gezogen, aber nie damit auf einen Menschen gezielt. Trotzdem, so Grube, könne die Bedrohung Opfer langfristig traumatisieren.

Wie die Staatsanwältin Grotz mitteilte, hat sich der 25-Jährige vor der Ermittlungsrichterin "ausdrücklich für die Taten entschuldigt". Das könnte sich ebenso wie das schnelle und umfassende Geständnis strafmindernd auswirken. Normalerweise gilt bei solchen räuberischen Erpressungen mit einer Anscheinswaffe im Einzelfall ein Strafmaß von mindestens drei Jahren Haft. Bei einer Serie werde jedoch eine Gesamtstrafe verhängt. Angesichts der geringen Beute dürfte der Täter wohl zu der Einsicht kommen, dass sich die Überfälle kaum gelohnt haben.

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