Süddeutsche Zeitung

Freistaat plant Wohnungen:Strafjustizzentrum bekommt Bewährung

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Der Freistaat will das Gebäude aus den Siebzigerjahren nach Möglichkeit erhalten und dort "so viele Wohnungen errichten wie möglich".

Von Sebastian Krass

Wo derzeit noch Recht gesprochen wird, sollen künftig Menschen leben können: Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, dass sie das Gelände des bisherigen Strafjustizzentrums an der Nymphenburger Straße zu einem Wohnquartier entwickeln will. Dort solle "ausschließlich Wohnraum entstehen", sagte Bauminister Christian Bernreiter (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung. "Die staatlichen Wohnbaugesellschaften Bayernheim und Stadibau werden mögliches Baurecht mit der Stadt München abstimmen." In einer Pressemitteilung am Mittwoch relativierte Bernreiter seine Worte leicht, er sprach davon, man wolle dort "so viele Wohnungen errichten wie möglich".

Der markante, direkt am Stiglmaierplatz gelegene Komplex wird - zusammen mit einem rückwärtig an der Linprunstraße gelegenen Verwaltungsbau, in dem die Staatsanwaltschaft München I sitzt - frei, wenn das neue Strafjustizzentrum am Leonrodplatz bezugsfertig ist. Dort kommt es aber zu Verzögerungen beim Bau. Den bisherigen Fertigstellungstermin 2024 korrigierte Bernreiter am Dienstag auf 2025.

Bei den Überlegungen zur Zukunft des alten Strafjustizzentrums wolle man auch untersuchen, "ob die Umnutzung des Bestandes zu Wohnen möglich ist, um nachhaltiger und klimafreundlicher zu sein", erklärte Bernreiter. Anfang Februar hatte eine neu gegründete Initiative "Justizzentrum erhalten" entsprechende Forderungen lanciert. Ob der Umbau eines Gerichtsgebäudes aus den Siebzigerjahren in Wohnraum technisch und finanziell machbar ist, ist offen. Bauminister Bernreiter hatte in seinem Statement betont, wirtschaftliche Aspekte müssten ebenfalls geprüft werden.

Ebenfalls offen bleibt, ob das Grundstück mit der viel befahrenen Umgebung baurechtlich für eine komplette Wohnnutzung in Frage kommt und wie viele Wohnungen dann entstehen könnten. Es könnte aber um mehrere Hundert Wohneinheiten in bester Lage gehen, die von Bayernheim oder Stadibau zu bezahlbaren Mieten vergeben würden. Das Planungsreferat hatte im Herbst erklärt, es sei "durchaus ein erheblicher Anteil Wohnen auf dem Areal möglich und erwünscht, insbesondere im rückwärtigen Bereich an der Linprunstraße".

Alle offenen Fragen müsste die Stadt gemeinsam mit dem Freistaat in einem Bebauungsplanverfahren klären. Ein solches wird vermutlich so oder so nötig werden, denn derzeit ist im Bebauungsplan für das Grundstück nur eine Verwaltungsnutzung vorgesehen.

Absehbar ist aber schon, dass Wohnraum erst gegen Ende des Jahrzehnts entstehen dürfte. Nach einem - in diesem Fall noch ausstehenden - Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan vergehen mehrere Jahre, bis dieser vom Stadtrat verabschiedet wird und in Kraft treten kann. Erst danach könnten die wiederum mehrjährigen Bauarbeiten starten.

Die Wohn-Überlegungen für das alte Strafjustiz-Grundstück sind nicht neu. Die staatliche Immobilienagentur Imby hatte nach SZ-Informationen bereits eine entsprechende Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, diese aber nicht weiter verfolgt. Zuletzt gab es Gespräche mit dem Innenministerium, das auf der Suche nach Ersatz für angemietete Flächen am Oberanger in der Innenstadt ist (Jahresmiete etwa sechs Millionen Euro). Das Innenministerium hatte schon Interesse am Grundstück an der Seidlstraße, das der Freistaat an Apple verkauft.

Nun soll es erneut nicht zum Zuge kommen, äußert sich auf Anfrage aber loyal zum Kabinettsbeschluss: Die Entscheidung, an der Nymphenburger Straße "prioritär" auf Wohnungsbau zu setzen, sei "angesichts der Wohnungslage in München absolut richtig", erklärt ein Sprecher. Der Mietvertrag in der Innenstadt laufe ohnehin noch bis 2035. Die Imby werde "zu gegebener Zeit" eine Empfehlung abgeben, wo das Innenministerium unterkommen könne.

Erfreut reagierten am Mittwoch die Münchner Grünen. Stadträtin Anna Hanusch hatte bereits im Herbst erklärt, sie halte "Wohnbau für die beste Option". Nun begrüßen die Grünen den "Sinneswandel" der Staatsregierung. Hanusch plädiert ebenfalls dafür, einen Erhalt des Gebäudebestands ernsthaft in Erwägung zu ziehen. "Gebäude wie das Strafjustizzentrum speichern nicht nur graue Energie", erklärte sie am Mittwoch, "sondern bringen auch eine Geschichte mit, die als Qualität nicht durch einen Neubau geschaffen werden kann."

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