Süddeutsche Zeitung

Architekturausstellung im Werksviertel:Eyecatcher auf Stellwänden

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Ein genossenschaftliches Wohnhaus schlägt eine ikonische Büroarchitektur beim Preis des Deutschen Architekturmuseum 2022 aus dem Feld - nun können sich Interessierte in der White Box selbst ein Bild von Siegern und Verlierern machen.

Von Evelyn Vogel, München

Vielleicht ist das ganz passend zum Preisträger, dem Genossenschaftlichen Wohnhaus San Riemo in München-Riem, dass die Ausstellung zum DAM-Preis 2022 zunächst nicht im Deutschen Architekturmuseum selbst in Frankfurt gezeigt wurde, sondern wegen Sanierungsarbeiten ins Interim in der Henschelstraße verlegt werden musste. Bei ihrer Präsentation in München ist die Schau nun auch nicht in einem Museum wie dem Architekturmuseum in der Pinakothek der Moderne zu Gast, was man sich ja zumindest hätte vorstellen können, sondern wird in der White Box hinterm Ostbahnhof gezeigt.

Werksviertel statt Kunstareal, aufstrebendes, quirliges Mischgebiet statt gediegenem, museumslastigem Quartier. Wenn man will, könnte man das als Statement der DAM-Preis-Verantwortlichen werten, nach dem Motto: Wir zeigen schon durch den Ort der Präsentation, was uns wichtig ist. Interessantes, preiswürdiges Bauen ist heute weniger ikonische Star-Architektur, sondern es sind gesellschaftsnahe, vielfältige Planungen an Orten, die eine Architektur und Stadtentwicklung in vielerlei Richtungen zulassen.

Dass die Architektur-Preisträger des DAM nun in der White Box zu sehen sind, hat letztendlich aber einen anderen, viel simpleren Grund: Als im vergangenen Jahr das "Werk 12" vom Rotterdamer Büro MVRDV, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur White Box befindet, zum besten Bauwerk Deutschlands gekürt wurde, hatte die Jury das Werksviertel kennen- und offensichtlich lieben gelernt. So werden die für den DAM-Preis 2022 ausgewählten 26 "besten Bauten in/aus Deutschland" nun auf Stellwänden und Hängetafeln zumeist mithilfe von Fotos vorgestellt. Beim Preisträger und drei weiteren Finalistin gibt es weiteres Info- und Anschauungsmaterial.

Sehr sinnlich ist die Ausstellung nicht. Und leider muss man mitunter hinter die Hängetafeln schlüpfen, um die besten Visualisierungen zu sehen. Im Vordergrund steht der Informationsgehalt. Der ist knapp zusammengefasst, was eine konzentrierte Überblicksschau ermöglicht. Ein kostenloser Kurzbesuch in der Mittagspause ist also allemal drin.

Seit 2007 zeichnet das Deutsche Architekturmuseum jährlich herausragende Bauten in Deutschland aus. Die diesjährige Jury unter Vorsitz der früheren Münchner Stadtbaurätin Christiane Thalgott hat aus einer Longlist von mehr als 100 zwischen Herbst 2019 und Frühjahr 2021 fertiggestellten Gebäuden 23 Objekte in Deutschland und drei Beispiele im Ausland ausgewählt. Da geht es um neue Wohnformen, innovative Arbeitswelten, Forschungswohnformen, Kultur- und Bildungsbauten sowie öffentlichen Raum.

Der Sieger, das Genossenschaftliche Wohnhaus "San Riemo" in Riem von Arge Summacumfemmer Büro Juliane Greb, wurde schon oft und zu Recht für sein flexibles, innovatives und zukunftsgerichtetes Wohnkonzept hoch gelobt. Optisch in die Kategorie "Eyecatcher" fällt der Axel-Springer-Neubau in Berlin von OMA, der zwar auch wegen seiner schönen, neuen Arbeitswelt ein würdiger Finalist war, aber ebenso gegen "San Riemo" verlor wie die John-Cranko-Schule in Stuttgart von Burger Rudacs Architekten und die drei Forschungshäuser von Florian Nagler in Bad Aibling. Vier Finalisten, so verschieden, dass sich mancher fragt, ob da nicht Äpfel mit Birnen oder gar Duftmangos verglichen werden. Aber wer sagt denn, dass die exotischste Frucht immer die süßeste ist?

DAM Preis 2022 - die 26 besten Bauten in/aus Deutschland zu Gast im Werksviertel-Mitte, White Box, Atelierstraße 18 (2. OG), bis 29. Mai, Mi.-Fr. 14-20 Uhr, Sa.-So. 12-18 Uhr

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