Süddeutsche Zeitung

Masken-Affäre:Mandat zum Geldverdienen

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Wenn Affären in der Unionsfraktion nicht die nötigen Konsequenzen haben: Armin Laschet und Markus Söder sollten darüber nachdenken, was die Vorsitzenden von CDU und CSU in der Vergangenheit unterlassen haben.

Kommentar von Robert Roßmann

Es hat lange gedauert, zu lange. Seit zehn Tagen erschüttert die Masken-Affäre die Union. Aber erst jetzt haben die beiden Parteivorsitzenden in der nötigen Klarheit dazu Stellung bezogen. Und wenn am kommenden Wochenende nicht zwei wichtige Landtagswahlen anstünden, hätten sie sich vielleicht noch länger weggeduckt.

Wer als Volksvertreter versuche, in der Pandemie für sich persönlich Geld zu verdienen, müsse das Parlament unverzüglich verlassen, sagte CDU-Chef Armin Laschet am Sonntag. Die Betroffenen müssten "umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen - alles andere beschädigt das Vertrauen in die Politik", twitterte CSU-Chef Markus Söder.

Das stimmt. Und es ist gut, dass Laschet und Söder das jetzt so deutlich sagen. Aber das Vertrauen in die Politik ist bereits beschädigt. Das liegt natürlich an Georg Nüßlein und Nikolas Löbel und nicht an den beiden Parteichefs. Aber Laschet und Söder sollten sich auch Gedanken darüber machen, was die Vorsitzenden von CDU und CSU in der Vergangenheit unterlassen haben. Denn die Parteichefs - egal ob Merkel, Kramp-Karrenbauer oder Laschet auf der einen, oder Seehofer und Söder auf der anderen Seite - haben zugelassen, dass in ihrer gemeinsamen Bundestagsfraktion Affären nicht die nötigen Konsequenzen hatten.

Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz hat gegen Geld Lobbyarbeit für das Regime in Aserbaidschan betrieben. Wegen Verstößen gegen die Offenlegungspflichten hat das Bundestagspräsidium ein Ordnungsgeld in Höhe von knapp 20 000 Euro gegen sie verhängt. Trotzdem ist Strenz noch immer Mitglied der Unionsfraktion. Das gilt auch für den CDU-Abgeordneten Axel Fischer, der sich ebenfalls für Aserbaidschan ins Zeug gelegt haben soll.

Und egal, worum es in den vergangenen Jahren im Parlament ging - das Lobbyregister, die Transparenzpflichten, den Umgang mit Spenden und vieles mehr - es war immer die Unionsfraktion, die auf der Bremse stand. Die Fraktion als Ganze hat bei einigen das Gefühl gedeihen lassen, dass man das Mandat auch zum Geldverdienen nutzen kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Das zeigt auch der Fall Philipp Amthor. Der CDU-Abgeordnete hat mit seinem Einsatz für das dubiose Unternehmen Augustus Intelligence - zumindest Stand jetzt - nicht gegen im Bundestag geltende Regeln verstoßen. Aber das liegt auch daran, dass diese Regeln viel zu lax sind. Amthor musste zum Beispiel die Aktienoptionen, die er von Augustus Intelligence erhalten hat, gar nicht öffentlich machen. In jedem Fall hat Amthor gezeigt, dass ihm nicht klar genug ist, dass er Volks- und nicht Unternehmensvertreter ist. Und was passiert? Ausgerechnet an diesem Wochenende hat die CDU Amthor in Mecklenburg-Vorpommern auf Listenplatz eins für die Bundestagswahl gesetzt.

CDU, CSU und ihre gemeinsame Fraktion im Bundestag müssen jetzt dafür sorgen, dass ein Verhalten wie das von Amthor nicht mehr als lässliche Sünde durchgeht. Und dass keine Abgeordneten vom Typ Nüßlein oder Löbel mehr in ihren Reihen sitzen. Ansonsten sind die Erklärungen Laschets und Söders vom Sonntag nicht ernstzunehmen.

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