Süddeutsche Zeitung

Filz und Affären:Erneuerung der CSU? Fehlanzeige!

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Parteichef Söder versprach wegen der Maskenaffäre "neue Regeln und einen neuen Geist". Nur: Geworden ist daraus nichts. Warum es die Christsozialen nicht schaffen, endlich mit der Vergangenheit zu brechen.

Kommentar von Klaus Ott

"Hund sans scho", lautet eine alte bayerische Redensart, die lange Zeit auch für das Wesen der CSU stand. Zumindest von Teilen der CSU. Gemeint sind mit diesem Spruch Leute, die etwas bewegen und bewirken, die sich dabei aber nicht um moralische und andere Grenzen scheren. Die im Rufe stehen, ungeniert in die eigene Tasche zu wirtschaften; die aber mehr bewundert als verurteilt werden. Weil auch für andere etwas abfällt, im besten Falle für das ganze Land. In der CSU galt dieser zweifelhafte Respekt vor allem für Franz Josef Strauß und seine Zöglinge. Nicht wenige haben in diesem Sinne bis heute weitergemacht. Leute wie Peter Gauweiler, Alfred Sauter und einige andere.

"Hund sans scho", dieser Spruch hat schon lange nichts mehr mit dem zu tun, was eine mehrheitlich aufgeklärte, liberale Gesellschaft in einer gefestigten Demokratie von ihren Politikern erwartet, und auch erwarten darf. Doch die CSU schafft es auch unter Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder nicht, mit der Vergangenheit zu brechen, oder sie zumindest hinter sich zu lassen. Nach Beginn der Maskenaffäre um Alfred Sauter und Georg Nüßlein hatte Söder nichts weniger als eine Erneuerung seiner Partei ausgerufen. "Für eine neue CSU braucht es neue Regeln und einen neuen Geist." Ihre alten Geister ist die Partei indes bis heute nicht losgeworden.

So wie Söder und die Parteispitze bisher agieren, kann das mit der neuen CSU auch nichts werden. An zweifelhaften Vorgängen wird immer nur das zugegeben, was andere aufdecken. Das war, von wenigen Ausnahmen abgesehen, schon immer so und hält bis heute an. Bei Sauter, bei dem es um weit mehr geht als um Maskendeals, schauen die Partei und deren Minister lieber nicht so genau hin. Es war die Landtagsopposition, die mit hartnäckigen Fragen und Nachfragen zutage förderte, welchen zahlungskräftigen Mandanten der Anwalt Sauter bei CSU-geführten Ministerien in Bayern seit Jahren die Türen öffnet.

Eine Reform der Spendenregeln scheiterte vor allem an der Union

Nüßlein wiederum soll nach Beginn der Pandemie bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Druck für einen Maskenlieferanten gemacht haben, damit der schnell sein Geld bekam. Das war jene Lieferung, für die auch Nüßlein kassierte. Dreister geht es nicht. Dann sind da noch Gauweiler und dessen zweifelhafte Verbindungen. Doch da schauen Söder & Co. lieber ganz weg. Und was ist mit mehr Transparenz bei den Parteispenden? Fehlanzeige. Eine Reform der Spendenregeln mit mehr Veröffentlichungspflichten ist vor allem an der Union gescheitert.

Und gleich gänzlich im Dunkeln lässt die CSU, wer mit den Partei- und Regierungschefs Söder und Seehofer tafeln durfte, als Sauter jahrelang sogenannte Spender-Essen in einem Münchner Luxusrestaurants organisierte. Das waren Konzernvorstände, Immobilienunternehmer und andere Gäste. Sicher, die CSU hat mit anderen Parteien schon viel auf den Weg gebracht, um eine Verquickung von Mandat und Geschäft künftig weitgehend auszuschließen. Und um den ausufernden Lobbyismus der Mächtigen in den Parlamenten einzugrenzen und durchsichtiger zu machen. Aber ohne vollständige Aufklärung dessen, was Sauter & Co. bis zuletzt getrieben haben, und ohne vollständige Transparenz gerade bei den Parteispenden bleibt das nur Stückwerk.

In der virtuellen " Hall of Fame" der CSU, die es wirklich gibt, sind nach wie vor manche zu sehen, die mit christlich-sozialen Grundwerten wenig zu tun haben. Alfred Sauter gehört dazu.

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