Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Kamikaze

Bezeichnung für japanische Selbstmordpiloten im Zweiten Weltkrieg, die nun irreführend für iranische Drohnen verwendet wird.

Von Leopold Zaak

Als im 13. Jahrhundert die Mongolen zwei Mal versuchten, in Japan einzufallen, wurden ihre Schiffe jedes Mal von einem Taifun zerstört, der seither "göttlicher Wind" genannt wird - übersetzt: Kamikaze. Im Zweiten Weltkrieg bekam das Wort eine neue Bedeutung. Die japanische Kaiserliche Marineluftwaffe setzte Piloten ein, die Angriffe auf US-amerikanische Kriegsschiffe im Pazifik flogen und dabei nicht nur das Flugzeug, sondern auch sich selbst als Waffe einsetzten - quasi nach der Rechnung: ein Flugzeug für ein Schiff. Seit einigen Wochen taucht Kamikaze immer wieder im Krieg Russlands gegen die Ukraine auf. So werden oft Drohnen genannt, mit denen Iran Russland beliefert und mit denen immer wieder ukrainische Städte angegriffen werden. Die Drohnen vom Typ Schahed 136 sind sehr günstig, können autonom fliegen und womöglich sogar Panzer zerstören. Oftmals kreisen die Drohnen eine Weile, bis sie den Befehl zu einem genauen Ziel erhalten, in das sie dann fliegen sollen. Russland nutzt sie aber vor allem deswegen gern, weil sie unbemannt fliegen. Und das ist gewissermaßen das Missverständnis mit dem Begriff Kamikaze. Die Drohnen agieren mörderisch, aber eben nicht selbstmörderisch. Auf Seiten der Angreifer werden keine Menschenleben geopfert. Dass sich die Drohne beim Einschlag selbst zerstört, hat sie auch mit einer gewöhnlichen Rakete gemeinsam.

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