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Paar-Psychologie:Wie sieht eine stilvolle Promi-Trennung aus?

Lesezeit: 5 min

Helene Fischer und Florian Silbereisen hatten als Paar maximalen Marktwert. Wie zerlegt man eine solche Verbindung wieder in ihre Einzelteile? Über die hohe Kunst des Auseinandergehens.

Von Christian Mayer

Es war ein Rosenkrieg, wie man ihn selten erlebt, eine Fortsetzungsgeschichte, bei der bald jeder mitreden wollte: Das Ende der Ehe von Donald und Ivana Trump beherrschte 1990 die US-Medien, befeuert von immer neuen Enthüllungen. Trumps Geliebte, die frühere "Miss Georgia"-Kandidatin Marla Maples, hatte sich schon früh als alternative Bettgefährtin in Szene gesetzt - mit dem Bekenntnis, sie habe mit Donald "den besten Sex ihres Lebens gehabt". Ob der Satz wirklich so gefallen ist, ließ sich schon damals kaum verifizieren. Doch für die Boulevardzeitung New York Post war es die Schlagzeile des Jahrzehnts. Jahre später erzählte Ivana Trump in ihrer Autobiografie, wie ihre Konkurrentin auf sie zuging: "Ich bin Marla und liebe Ihren Ehemann - Sie auch?"

Nach zähen Verhandlungen gab es im März 1991 eine Einigung vor Gericht: Ivana Trump, die nach dreizehn Jahren Ehe die Scheidung und das Sorgerecht für ihre drei Kinder verlangt hatte, erhielt 14 Millionen Dollar und eine Villa mit acht Schlafzimmern im schönen Greenwich, Connecticut. Angesichts dessen, dass der schillernde Immobilientycoon aus New York noch kurz zuvor als Milliardär mit schier unbeschränkten Mitteln gegolten hatte, war die Summe nahezu bescheiden - doch Donald Trump steckte in großen finanziellen Schwierigkeiten; er war 1990 an einer Insolvenz vorbeigeschrammt. Dennoch ließ er nach der Scheidungsvereinbarung sofort verlauten, er sei der eigentliche Sieger der Auseinandersetzung.

Die Geschichte zeigt zum einen, dass Trump, "The Donald", wie ihn seine erste Frau Ivana neckisch nannte, damals schon wie ein Aufputschmittel für die dauererregte Öffentlichkeit wirkte. Obwohl Twitter in weiter Ferne lag und jeder nur gelacht hätte über die Vorstellung, dass dieser Mann mal Präsident werden könnte. Zum anderen hatte diese Scheidung, bei der jede Menge schmutziger Wäsche gewaschen und die Vermögensverhältnisse der Familie bis in den letzten Winkel durchleuchtet wurden, abschreckende Wirkung. Wie die gegnerischen Panzerkreuzer Donald und Ivana wollte man lieber nicht enden, als Promipaar mit Vermögen.

Wie man es anders macht? Das haben Amazon-Gründer Jeff Bezos und seine Frau MacKenzie kürzlich vorgeführt, als sie ihre Scheidung ankündigten. Dabei hielten sie sich an ein paar wichtige Grundregeln: Rede in der Öffentlichkeit niemals schlecht über den Expartner, wenn es ums Geld und um die Kinder geht. Mach den Anti-Trump: Zeige Mitgefühl, Wertschätzung und Dankbarkeit für den anderen, selbst wenn Mitgefühl, Wertschätzung und Dankbarkeit geheuchelt sind und man dem anderen lieber an die Gurgel gehen würde. Beiß die Zähne zusammen und suche eine gütliche Einigung, bevor die Anwälte sich eine goldene Nase verdienen. "Wir hatten so ein großartiges Leben zusammen als verheiratetes Paar und sehen auch eine wundervolle Zukunft als Eltern, Freunde und Partner bei Unternehmen und Projekten", schrieb das Noch-Ehepaar Bezos auf Twitter.

Sieht so eine stilvolle Trennung aus? Nun ja, es gab auch Berichte über eine angebliche Affäre des Unternehmers. US-Präsident Donald Trump war sich nicht zu schade, seinen Widersacher Jeff Bezos deshalb auf Twitter zu verhöhnen, schließlich berichtet die Washington Post, die zum Amazon-Imperium gehört, überaus kritisch über seine Präsidentschaft.

Ein Vierteljahrhundert waren Jeff und MacKenzie Bezos verheiratet, sie haben vier Kinder großgezogen und ein Unternehmen aufgebaut, das zu einem Giganten der Weltwirtschaft wurde. Auf etwa 140 Milliarden Dollar wird das gemeinsame Vermögen geschätzt. Bisher galt Jeff Bezos als reichster Mann der Welt - das wird sich nun bald ändern. Rechtsexperten gehen davon aus, dass MacKenzie Bezos die Hälfte des Vermögens erhalten wird.

Die meisten Promipaare bewegen sich irgendwo zwischen Trump und Bezos, zwischen narzisstischer Selbstentblößung und kühler Zurückhaltung. Besonders heikel ist so eine Trennung, wenn die Paarbeziehung neben der privaten auch eine öffentliche Bedeutung hatte und die Partner eine gewinnbringende Doppel-Ich-AG bildeten: Eine solche Fusion wieder aufzulösen und die Premiummarke wieder in ihre Einzelteile zu zerlegen, geht selten ohne erhebliche Verluste, auch finanzieller Art. Die Schauspieler Angelina Jolie und Brad Pitt zum Beispiel: Sie versuchten nach ihrer Trennung im September 2016, die Auseinandersetzungen um Unterhaltszahlungen und Sorgerechtsansprüche für die sechs gemeinsamen Kinder nicht eskalieren zu lassen. Was sich als schwierig erwies. "Brangelina" war eben immer auch ein Kunstprodukt, die Symbiose zweier Hollywoodstars, die in Kombination noch wertvoller waren als alleine.

Wer so stark für die Öffentlichkeit lebt wie diese beiden, hat auch in der Krise das Bedürfnis, sich zu offenbaren, da kann man noch so oft erklären, jetzt dringend mal seine Ruhe zu brauchen. Brad Pitt erzählte bald nach der Trennung von seiner Therapie und seiner freiwilligen Alkoholabstinenz. Nach der gescheiterten Traumbeziehung wollte er nun mehr über seine Gefühle sprechen, mehr für die Kinder tun, für die eigene Gesundheit. Es sei ein trauriges Leben, so alleine in den Hügeln von Hollywood, aber es gebe ja Hoffnung, verriet er im Mai 2017 dem Männermagazin GQ Style: Jolie und er würden alles versuchen, "dass jeder am Ende stärker und ein besserer Mensch sei". Angelina Jolie wiederum offenbarte sich der Vanity Fair. Ihre Maxime sei es, nicht vor den Kindern zu weinen, sondern in der Dusche, sagte sie und berichtete von den physischen Folgen der Trennungsschmerzen: Bluthochdruck und Lähmungserscheinungen im Gesicht, eine trockene Haut und graue Haare.

Es war schon beinahe wieder wie früher, als die beiden sich gegenseitig mit Liebesbekundungen überboten. Nun lieferten sie sich einen öffentlichen Leidenswettbewerb. Mit der Scheidung hat es dagegen bis heute noch nicht ganz geklappt.

Trennungen werden heute gerne in den sozialen Netzwerken kommuniziert, längst hat sich ein eigenes Genre gebildet: die gehobene Schlussmachprosa, die mal so klingt wie ein Anwaltsschreiben, mal wie eine Klatschgeschichte aus einer Herz-Schmerz-Postille. Der Fernsehmoderator Florian Silbereisen gab kürzlich die Trennung von der Sängerin Helene Fischer auf seiner Facebookseite bekannt. Eine gewisse Larmoyanz schwang da mit, ein Überdruss an den Medien, die jede Woche über die bevorstehende Hochzeit, über Kinder oder Trennung des Paares spekuliert hätten. Trotzdem habe man "zehn wunderschöne Jahre gemeinsam erlebt". Seit Kurzem sei man eben "glücklich getrennt" - Silbereisen schrieb das in Anführungszeichen, um sofort auf die gemeinsamen Karrierepläne, eine neue TV-Show und weitere Auftritte mit seiner Ex zu kommen. Sogar den neuen Freund von Helene erwähnte er, der ein "toller Kerl" sei. Wenig später sah man Silbereisen und Fischer dann bei den "Schlagerchampions", sie lag schluchzend in seinem Arm, während er versicherte, das große Tattoo am linken Oberarm mit dem Gesicht seiner Verflossenen weiterhin mit Stolz zu tragen.

"Sie sah die Dinge linksherum, ich rechtsherum", sagt Boris Becker über seine Verflossene

Auch diese Option ist also möglich: Die Promi-Trennung, bei der die Protagonisten ein Happy End inszenieren. Um das zu schaffen, braucht man eine gewisse Distanz, eine längere Abkühlphase, die Florian Silbereisen und Helene Fischer offenbar schon durchlaufen haben. Die Paartherapeutin Katherine Woodward Thomas hat dafür den Begriff "Conscious Uncoupling" erfunden, was man mit "bewusstes Auseinandergehen" übersetzen könnte. Ohne Zorn, ohne Vorwürfe: Dem anderen wehzutun schade beiden Partnern, vor allem den Kindern, sagt Woodward Thomas. Als sich die Schauspielerin Gwyneth Paltrow vom Sänger Chris Martin trennte, verwendete sie bewusst diesen Begriff und verwies darauf, dass beide ja weiter "zusammenarbeiten" würden, als verantwortungsbewusste Eltern.

Wie schön, wenn man im größten Beziehungsstress noch in der Lage ist, Milde walten zu lassen. Boris und Lilly Becker ist das nicht ganz so gut gelungen, ihr Entkopplungsprozess verläuft eher wie eine Rallye durch morastiges Gelände. Oder wie es Boris Becker in seiner unnachahmlichen Art formuliert: "Sie sah die Dinge linksherum, ich rechtsherum." Kein Wunder, wenn man so nicht ans Ziel kommt. Aber irgendwann geht auch diese Irrfahrt zu Ende.

Donald und Ivana Trump haben sich am Ende auch noch eingekriegt und können heute bei Familienfeiern mit ihren Kindern an einem Tisch sitzen. Aus der "Best-Sex-Ever"-Affäre Marla Maples wurde später die Trump-Gattin Nummer zwei, aber auch das war nicht für die Ewigkeit bestimmt. Seine jetzige Ehefrau Melania hält es deutlich länger mit ihm aus. First Lady, das ist ein etwas irreführender Titel, wenn man mit Donald Trump liiert ist.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir die zum Amazon-Imperium gehörende "Washington Post" fälschlicherweise als "Washington Times" bezeichnet.

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SZ vom 02.02.2019
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