Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf Bruce Blackburn:Der Erfinder des Wurms

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Der Grafikdesigner Bruce Blackburn erschuf den ikonischen Nasa-Schriftzug. Jetzt ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.

Von Nicolas Freund

Über den Trennung zwischen Kunst und Design ist viel geschrieben worden, aber die einfachste Unterscheidung ist wahrscheinlich: Design sollte mindestens so tun, als sei es praktisch. Ein Beispiel für sehr gelungenes Design ist das Nasa-Logo von Bruce Blackburn. Gemeint ist der elegante, schlichte, auf das absolut Wesentliche reduzierte Schriftzug. Nicht das runde Logo mit den Sternen, dem eigenartigen roten Schweif und der Serifenschrift, das den Spitznamen "Fleischbällchen" trägt.

Mitte der Siebziger wurde Blackburn beauftragt, der amerikanischen Raumfahrtbehörde einen neuen optischen Auftritt zu schaffen. Die Apollo-Missionen waren da gerade zusammengestrichen worden, das öffentliche Interesse an der Raumfahrt hatte nach der Mondlandungs-Euphorie einen Tiefpunkt erreicht. Blackburn ließ von dem ohnehin etwas militärisch anmutenden Fleischbällchen kaum etwas übrig. Keine Sterne und keine Serifen, also keine Strichlein oben und unten an den Buchstaben, die eigentlich das Lesen erleichtern sollen, was bei einem so kurzen und oft riesig gedruckten Wort aber ziemlich unnötig ist.

Blackburns Entwurf spiegelt wieder, was man von einer Behörde erwartet, die Menschen und Dinge in den Weltraum schießt: Präzision, praktisches Denken und Konzentration auf das Wesentliche. Aktuell wieder sehr schön bewiesen am jüngsten waghalsigen Manöver der Nasa, der Landung eines empfindlichen Roboters auf dem Mars. Der Schriftzug, der den Spitznamen "Wurm" trägt, scheint eigentlich nur aus einer einzigen, leicht variierten Form zu bestehen, nämlich aus dem Bogen, auf den das A reduziert wurde. Er erinnert gleichzeitig an den roten Winkel aus dem alten Logo, welcher sowohl für militärische Rangabzeichen, als auch für Flügel stand. Das N und das S greifen das doppelte A auf und haben wiederum fast dieselbe Form, nur gekippt und gespiegelt. Zwei geometrische Bewegungen und ein kleines Zahlenspiel, aus einer einzigen Form das Maximale herausholen, dabei mathematisch und praktisch denken, so stellt man sich die Arbeit bei Nasa vor, so wollte man sich wohl auch selbst repräsentieren. Und sehen die runden Ecken der Buchstaben nicht ein wenig aus wie die Schnauze der Space Shuttles, die ebenfalls zu dieser Zeit entwickelt wurden? Der Entwurf ist längst zu popkulturellem Gut geworden und zum Mode-Accessoire, so oft, wie er in den vergangenen Jahren auf T-Shirts und Kinderschlafanzügen zu sehen war.

Das Logo mutete nicht nur futuristisch an, es definierte mit, was futuristisch ist

Dabei war Blackburns Logo 1992 wieder durch das alte, das Hackbällchen, ersetzt worden, vielleicht wollte man damit irgendwie an die Erfolge der Apollo-Ära anknüpfen. Blackburn war da längst ein gefragter Grafikdesigner, er entwarf Logos für die 200-Jahr-Feier der USA und für andere amerikanische Institutionen und Unternehmen. Er arbeitete auch als Dozent und Künstler, sein Werk war mehrmals im Museum of Modern Art in New York ausgestellt, Ronald Reagan zeichnete ihn mit dem Presidential Design Award aus.

Vergangenes Jahr wurde auch sein Nasa-Logo noch einmal ausgemottet: Es prangte auf einer der Falcon-Raketen von SpaceX und ist seitdem wieder offiziell im Einsatz. Klar, Space X revolutionierte die Raumfahrt und Blackburns Logo mutete nicht nur futuristisch an, es definierte mit, was futuristisch ist. Bruce Nelson Blackburn ist, wie jetzt bekannt wurde, Anfang Februar mit 82 Jahren in Denver, Colorado, gestorben.

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