Süddeutsche Zeitung

Globale Gesundheit:Die Welt wird immer älter - aber nicht überall gesünder

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Die weltweite Lebenserwartung steigt, Infektionskrankheiten gehen zurück. Doch der Mensch wird immer mehr sein eigener Feind.  

Von Berit Uhlmann

Gegen Feinde in der Umgebung hat der Mensch erfolgreich aufgerüstet. Viren, Bakterien und Parasiten töten heute 17 Prozent weniger Menschen als noch 2005. Vor allem Aids, Malaria, Tuberkulose - jene Krankheiten zu deren Bekämpfung milliardenschwere Programme aufgelegt wurden - führen immer seltener zum Tod. Diese Erfolge tragen wesentlich dazu bei, dass die weltweite Lebenserwartung seit 1980 um zehn Jahre gestiegen ist. Wer heute geboren wird, kann damit rechnen, 71,5 Jahre alt zu werden. Das geht aus der neuen Auflage der Global Burden of Disease-Studie hervor. Es ist die größte Bestandsaufnahme zur globalen Gesundheit - und sie sieht den Patient Mensch auf dem Weg der Besserung.

Gäbe es da nicht noch eine zweite, weniger erfreuliche Entwicklung: Der Mensch wird sich immer mehr selbst zum Feind. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Sterblichkeit aufgrund von gewaltsamen Auseinandersetzungen um mehr als das Dreifache an. So liegt zum Beispiel die durchschnittliche Lebenserwartung eines Syrers heute zwölf Jahre unter der von 2010.

In den Vereinigten Staaten sind vor allem Drogensucht und Diabetes eine große Belastung

Der zweite Bereich, in dem die Sterblichkeit deutlich zunimmt, ist ebenfalls hausgemacht und prinzipiell vermeidbar: Suchterkrankungen kosten immer mehr Menschenleben. Die Sterberate stieg hier innerhalb von zehn Jahren um 11,5 Prozent. Besonders häufig führen Amphetamine, Kokain und Opioide zu einem vorzeitigem Tod. Süchte belasten auch viele europäische Staaten: Dänemark, Finnland und etliche osteuropäische Länder verzeichnen überdurchschnittlich viele vorzeitige Todesfälle aufgrund von Alkoholmissbrauch. In Schottland und Norwegen sterben überproportional viele Menschen durch illegale Drogen. In Russland sind Alkohol und Drogen gleichermaßen ein massives Problem.

Die Daten zeigen auch, dass der Wohlstand eines Landes kein Garant für die Gesundheit seiner Einwohner ist. "Wir sehen Länder, deren Gesundheit sich weit stärker verbessert hat als dies durch Einkommen, Bildung und Bevölkerungswachstum erwartet werden kann", sagt Christopher Murray, Koordinator der Studie: "Und wir sehen Länder - einschließlich der USA - die weit weniger gesund sind, als sie es gemessen an ihren Ressourcen sein sollten". In den Vereinigten Staaten sind vor allem Drogensucht und Diabetes eine große Belastung.

Und noch etwas offenbart der Bericht: Alt werden heißt nicht automatisch, auch ein langes gesundes Leben zu führen. In Deutschland beispielsweise liegt die Lebenserwartung von Frauen mittlerweile bei 83 Jahren. Elf davon werden sie mit Krankheit verbringen. Männer können darauf hoffen, 78 Jahre alt zu werden. Dazu gehören vor allem Knochen- und Gelenkleiden, Augenerkrankungen, Diabetes und Depressionen. Die Studienautoren appellieren daher an die Regierungen, rechtzeitig in Gesundheits- und Pflegesysteme zu investieren.

Die Global Burden of Diseases-Studie hat hunderte Krankheiten und Risikofaktoren für 196 Länder untersucht. Fast 2000 Wissenschaftler haben dazu beigetragen.

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