Süddeutsche Zeitung

Sicherheitsmaßnahmen:Alarm in besinnlicher Zeit

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Wenige Minuten nach der Tragödie in Berlin schickt die Polizei Streifenwagen zu den großen Weihnachtsmärkten in Bayern. Lassen sich solche Feste überhaupt schützen?

Von Olaf Przybilla, Thomas Schmidt und Susi Wimmer

Nur wenige Minuten, nachdem in Berlin ein Lastwagen in den Weihnachtsmarkt gerast war, wurde über ein bundesweites Meldesystem auch die Einsatzzentrale der Polizei in München informiert. "Wir haben sofort unsere regulären Dienstkräfte sensibilisiert und soweit möglich in den Bereich der noch offenen Weihnachtsmärkte in München geschickt", sagt Marcus da Gloria Martins, Sprecher der Münchner Polizei, am Montagabend.

Den Christkindlmarkt in der Innenstadt habe die Polizei ohnehin verstärkt im Auge. Zum einen wegen der Taschendiebe, die sich auf den Märkten herumtreiben, zum anderen wegen der zuweilen alkoholisierten Marktbesucher, die dann kleinere Rangeleien anfingen. "Und natürlich haben wir aufgrund der abstrakten Terrorgefahr die Polizeipräsenz auf den Märkten generell schon erhöht", erklärt der Sprecher.

Als sich die Nachricht aus Berlin verbreitete, war der Christkindlesmarkt so gut wie leer

In München gibt es eine Vielzahl an Weihnachtsmärkten, nicht nur in der Fußgängerzone und auf dem Marienplatz, sondern auch in den einzelnen Stadtvierteln. Hier schickte die Polizei sofort Streifenwagen der zuständigen Inspektionen zum Schutz los. "Glücklicherweise schließen diese Märkte ohnehin um diese Uhrzeit", sagt Martins. Das große Tollwood-Festival, das alljährlich auf der Theresienwiese stattfindet, sei zudem gut gesichert. "Das Festival befindet sich in einem zufahrtsgesicherten Bereich, die Poller rund um das Gelände sind hochgefahren."

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verweist darauf, dass die Polizei in diesem Jahr ohnehin ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten stark verstärkt habe. Neuralgische oder besonders gefährdete Stellen etwa am Nürnberger Christkindlesmarkt seien zusätzlich gesichert worden - mit Erfolg: Gerade Nürnberg habe bislang steigende Besucherzahlen gemeldet, was Herrmann auf ein verbessertes Sicherheitsgefühl zurückführt. "Wir können aber nicht sämtliche bayerische Märkte mit Betonpfosten zu pflastern. Wenn es jemand auf den Tod von neun Menschen anlegt, lässt der sich nur schwer stoppen", sagte Herrmann der Süddeutschen Zeitung am Abend in München.

In Nürnberg glauben sich die Einsatzkräfte für Ähnliches wie in Berlin gerüstet. Die Zufahrten zum weltberühmten Christkindlesmarkt sind überschaubar, und vor allem sind die mittelalterlichen Gassen dorthin eng. An Zufahrten stehen quer gestellte Polizeiwagen, danach sind die Wege durch weitere Barrieren gesichert. Diese Blockaden sind nicht alle erkennbar, sie sind zum Teil mit Planen verdeckt. "Aber natürlich müssen wir nach Berlin überlegen, ob wir weitere bauliche Maßnahmen ergreifen müssen", sagt Walter Griesch, Leiter der Einsatzzentrale in Nürnberg.

Keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen in der Nacht

Man habe noch am Montagabend sofort die Lage neu überprüft. Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen waren für die Nacht auf dem Markt aber nicht mehr notwendig: In Nürnberg schließen die Weihnachtsbuden bereits um 21 Uhr. Als sich die Nachrichten aus Berlin verbreiteten, war der Christkindlesmarkt bereits weitgehend leer. Wie es in den kommenden Tagen nun weitergeht in Nürnberg? Natürlich, sagt Griesch, werde man sich Gedanken machen, ob man etwas besser machen kann. "Aber grundsätzlich sind wir jetzt bereits gut gegen dergleichen gesichert."

Zumindest die Polizei in München musste bereits Erfahrungen sammeln mit Terrorwarnungen. In der Silvesternacht des vergangenen Jahres hatte das Bundeskriminalamt das bayerische Innenministerium vor möglichen Anschlägen gegen Mitternacht gewarnt, Selbstmordattentäter hatten angeblich den Hauptbahnhof sowie den Bahnhof München-Pasing im Visier. Beide Bahnhöfe wurden gesperrt, Hunderte schwer bewaffnete Polizisten waren im Einsatz. Die Nacht blieb dann doch friedlich, nichts geschah. Aber die Münchner Polizei wollte lieber auf Nummer sichern gehen.

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Quelle:
SZ vom 20.12.2016
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