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Gezanke zwischen FW und CSU:Revierkämpfe auf dem Land

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In einem Radiobeitrag tritt Florian Streibl, der Fraktionschef der Freien Wähler, seinem Koalitionspartner CSU verbal kräftig auf die Zehen. Tatsächlich aber dürfte die Attacke auf einen äußeren Gegner dazu dienen, die eigenen Reihen geschlossen zu halten.

Von Andreas Glas

Wer am Donnerstagmorgen das Radio anmachte, konnte Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl dabei zuhören, wie er das Bein hebt und sein Revier markiert. Natürlich bildlich gesprochen, Gott bewahre! Es gehe um die "Deutungshoheit" in der Koalition, sagte Streibl dem Bayerischen Rundfunk und betonte den "Wettbewerb" mit der CSU. Er sagte wörtlich: "Jeder steckt so seine Reviere ab." Die Schlagzeilen sind Streibl damit sicher, natürlich ist jetzt von "Revierkämpfen" zwischen den Koalitionspartnern die Rede. Aber ist das die ganze Wahrheit? Oder geht man Streibl da ein bisschen auf den Leim?

Das Revier ist in diesem Fall der ländliche Raum, um den sich CSU und FW schon länger fetzen. Die CSU möchte nun Minderjährigen das Autofahren erlauben, die sich auf dem Land schwertun, mit Bus oder Bahn in ihren Lehrbetrieb zu kommen. Weil das so ähnlich im Koalitionsvertrag steht, lästert Streibl, dass die CSU gemeinsame Pläne "als eigene Ideen verkauft". Aus seiner Sicht ist das "ein Reflex darauf, in der Fläche nicht mehr als Kümmerer wahrgenommen zu werden". Dabei, findet Streibl, "müsste die CSU nur rausgehen und den Menschen zuhören - so wie wir Freie Wähler das tun". Nimm das, CSU!

Sicher, die Zeiten, in denen die Bayern-Koalition das harmonische Gegenmodell zur Berliner "Chaos-Ampel" war, sind Geschichte. Spätestens seit der Landtagswahl, als die FW wieder fleißig CSU-Stimmen geklaut haben. Man arbeitet inzwischen nicht nur miteinander, sondern auch gegeneinander. Aber, und das ist jetzt der Punkt: Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die FW ein verschworener Haufen waren. Die FW-Landtagsfraktion ist gespalten, wegen Parteichef Hubert Aiwanger, dessen Rechtsdrall nicht allen behagt. Übrigens auch Streibl nicht, aber er muss den Laden irgendwie zusammenhalten. Ist ja sein Job, als Fraktionsvorsitzender. Na, klingelt was?

Diskutiert wird jetzt also über das Revierkampf-Thema, das Streibl selbst gesetzt hat. Und nicht über eines, das ihm wesentlich unangenehmer ist: der Richtungskampf in den eigenen Reihen. Rumort es im eigenen Laden, ist ein äußerer Gegner halt immer noch die beste Methode, um die Reihen wieder zu schließen. Clever, dieser Streibl.

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