Süddeutsche Zeitung

Nach Klagen:Der Wildschwein-Zaun muss weg

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Das Fürstenhaus Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg muss auch den letzten Abschnitt der einst 45 Kilometer langen Einzäunung in seinem Wald beseitigen. Damit endet ein jahrelanger Streit.

Von Christian Sebald, München

Für den Bund Naturschutz (BN) ist es nichts weniger als ein Sieg des Rechts auf freies Betreten der Natur, das in der Bayerischen Verfassung verbürgt ist: Nun muss das Fürstenhaus Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg auch die letzten zehn Kilometer des Wildschutzzauns im Oettinger Forst auf der Seite des Landkreises Donau-Ries abbauen. Der Verwaltungsgerichtshof in München hatte im Sommer einen Berufungsantrag gegen das entsprechende Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg abgewiesen. Jetzt hat der BN nachgelegt und beim Landratsamt Donau-Ries eine Abbauverfügung beantragt. Der Donau-Rieser Landrat Stefan Rößle (CSU) hatte nicht nur nichts gegen den Zaun einzuwenden. Sein Landratsamt hatte ihn sogar genehmigt. Geklagt hatte ein Privatmann. Denn der BN, der den Zaun viele Jahre lang bekämpfte, hatte als Verband kein Klagerecht.

Der Streit um die Wildschutzzäune im Oettinger Forst entzweite mehr als zwölf Jahre lang die Gegend an der Grenze zwischen Schwaben und Mittelfranken. Die Einzäunung, die laut BN insgesamt einmal etwa 45 Kilometer lang war, bestand aus einem festen und einem elektrischen Zaun im Süden des etwa 4000 Hektar großen Waldes, der im Landkreis Donau-Ries liegt, sowie einem elektrischen Zaun in dessen Norden im Kreis Ansbach. Das Fürstenhaus hatte sie eingerichtet, um möglichst viele Wildschweine, die in der Region leben, möglichst im Wald zu halten und so Fraßschäden durch die Tiere draußen auf den Feldern zu unterbinden.

Spaziergänger und Umweltschützer, aber auch eine ganze Reihe Kommunalpolitiker in der Region nannten den Zaun eine Provokation. Sie fühlten sich ausgesperrt aus dem Oettinger Wald, auch wenn die fürstliche Forstverwaltung etliche Tore und Durchlässe eingerichtet hatte. Aber nicht nur für Spaziergänger und andere Waldbesucher waren die Zäune eine Einschränkung. Sondern auch für andere Wildtiere - Rehe oder Füchse zum Beispiel - und damit für die Artenvielfalt im Oettinger Forst. Denn die Zäune riegelten deren Wechsel ab. In der Region kursierte denn auch der böse Spruch von "Eisernen Vorhang des Fürsten".

Abgesehen von den Einschränkungen für Spaziergänger und Waldbesucher sind aus Sicht des BN Schutzzäune das falsche Mittel gegen Wildschwein-Schäden in der Landwirtschaft. Wildschweine vermehren sich seit vielen Jahren geradezu explosiv. Das zeigen die Jagdstrecken. Es ist gerade mal 30 Jahre her, dass pro Jagdsaison im Freistaat 10 000 Wildschweine erlegt worden sind. In der Jagdsaison 2019 waren es bayernweit 110 000 Stück - ohne dass es Anzeichen dafür gibt, dass die Fraßschäden zurückgehen oder die Wildschwein-Population zumindest stagniert. Allein in den beiden Landkreisen Donau-Ries und Ansbach sind 2019 gut 3500 Wildschweine erlegt worden. Manchen sprechen von einer regelrechten Plage.

Ein wichtiger Grund, warum es den Wildschweinen so gut geht, ist der grassierende Mais-Anbau. Mais zählt zum Lieblingsfutter der Wildschweine. Wenn sich eine Rotte nächtens über einen Maisacker hermacht, bleibt kaum etwas übrig. Tagsüber ziehen sich die Tiere ins Unterholz zurück, wo sie sich gut verstecken können. Und in der nächsten Nacht ziehen sie weiter zum nächsten Acker. In den Regionen Donau-Ries und Ansbach wird sehr viel Mais angebaut. Hinzu kommt nach Angaben des BN, dass vielerorts Wildschweine auch noch gefüttert werden. Der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe fordert deshalb, dass solche Fütterungen aufhören müssen. "Außerdem muss das Schwarzwild effizient bejagt werden", sagt er. Von der fürstlichen Forstverwaltung und vom Landratsamt Donau-Ries gab es keine Stellungnahme.

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