Süddeutsche Zeitung

Landespolitik:Minister Bernreiter hat die Rolle des Unberechenbaren

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Mit dem neuen Bauminister Christian Bernreiter hat sich Ministerpräsident Markus Söder einen in die Mannschaft geholt, der an Franck Ribéry erinnert: Bei dem wusste man nie, was er als nächstes macht.

Kolumne von Andreas Glas

Dienstagnachmittag im Landtag. Der neue Minister ist gekommen, um sich im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr vorzustellen. Visionen? Erste Akzente? Er bitte um Einarbeitungszeit, sagt Christian Bernreiter, 100 Tage, danach könne er ins Detail gehen. Für den Anfang belässt er es dabei, die Themen nur anzureißen. Das Publikum darf derweil rätseln: Was ist die Mission des neuen Bauministers? Die Augsburger Allgemeine schreibt, Bernreiter werde gemeinsam mit dem neuen Wissenschaftsminister Markus Blume jenen Mann "in die Zange" nehmen, den die CSU im Wahlkampf am meisten fürchtet: Hubert Aiwanger.

Ein treffliches Bild, das Wunschszenario von CSU-Chef Markus Söder ist ja offensichtlich: Der vordiplomierte Physiker Blume stiehlt dem Wirtschaftsminister Aiwanger die Hightech-Show und dem Freie-Wähler-Chef Aiwanger klaut der dialektstarke Bernreiter die Stimmen derjenigen, die sich mehr Bürgernähe und Bodenständigkeit wünschen, vor allem in Niederbayern, wo beide daheim sind.

Da Söder die CSU so gern mit dem FC Bayern vergleicht, ist es verzeihlich, dieses abgewetzte Bild hier aufzunehmen und an die bislang letzte Flügelzange zu erinnern, die in München stilprägend war: Arjen Robben und Franck Ribéry, kurz Robbery. Wäre die CSU wirklich der FC Bayern, hieße ihre neue Flügelzange Blumreiter oder ähnlich beknackt, wobei Bernreiter die Rolle von Ribéry hätte, bei dem man auf dem Fußballplatz nie wusste, was er als nächstes macht: die Rolle des Unberechenbaren.

Beim neuen Bauminister speist sich das Unberechenbare aus der Tatsache, dass ein fähiger Kommunalpolitiker nicht automatisch ein fähiger Landespolitiker ist. Und aus der Frage, ob sich Bernreiter, als Landrat in Deggendorf ein kleiner König, einem Ministerpräsidenten unterordnen kann, der ja hin und wieder auch recht königshaft auftritt.

Wohnbau, Verkehrsprojekte, sehr bürokratisch alles, langwierig. Und teuer. Er habe dafür "kein eigenes Geld mitgebracht", sagt Bernreiter und dampft die Erwartungen direkt etwas ein. Vermutlich weiß er, wie schwer es wird, dem Publikum zu beweisen, dass ihn Söder nicht nur als Wahlkampfmaskottchen für Niederbayern ins Kabinett geholt hat. Das Maskottchen des FC Bayern ist übrigens ein Bär, der fast genauso heißt wie der neue Bauminister, nur etwas niedlicher: Berni.

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