Süddeutsche Zeitung

Geldgeschenke für Wahlkreise:CSU und Freie Wähler öffnen die Schatztruhe

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Einmal im Jahr dürfen Abgeordnete der bayerischen Regierungskoalition Geld an ausgewählte Initiativen verteilen. Diesmal werden 100 Millionen Euro ausgeschüttet, die Opposition murrt.

Von Johann Osel

Das Archiv der bayerischen Gebirgsschützen in Benediktbeuern darf sich über 450 000 Euro freuen, der DFB-Jugendstützpunkt Amberg über 800 000 Euro für einen Kunstrasenplatz. Gut eine Viertelmillion ist jeweils vorgesehen für die Feuerwehr-Erlebniswelt Augsburg, das Stadtmuseum Weilheim, ein Wachhäuschen der Wasserwacht Unterhaching oder für Sportanlagen der Universität Bayreuth. 300 000 Euro gibt es für das Schullandheimwerk Bayern sowie die chronisch unterfinanzierten Bahnhofsmissionen. Immerhin 15 000 Euro erhält der Verein für Volkslied und Volksmusik. Nur einige Beispiele, klingt alles sinnvoll, es sei den Empfängern gegönnt.

Am Mittwoch haben CSU und Freie Wähler die sogenannten Fraktionsinitiativen vorgestellt - das sind Mittel im Haushalt, mit denen sie eigene Akzente setzen wollen, etwa für Kultur, Soziales, Forschung und den ländlichen Raum. Diesmal sind in dem Topf 100 Millionen Euro angesetzt für das Jahr 2024, in mehr als 300 Einzelposten, deren Beschluss noch den parlamentarischen Gang nimmt. Der Haushalt wird im Juni abschließend vom Landtag beraten.

Die Abgeordneten hätten diese Bedarfe als "Seismograf" in ihren Regionen identifiziert, sagte CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. Es geht sehr ins Kleinteilige, 122 Abgeordnete von CSU und FW müssen sich sicherlich viele Herzenswünsche bei allen möglichen Akteuren in ihren Stimmkreisen anhören. Dazwischen finden sich einige stattliche landesweite Posten, Millionenbeträge etwa für digitale Ausbildung und Ausstattung der Polizei, die Profilbildung der Technischen Hochschulen in Bayern oder zur Förderung der Musik- und Singschulen.

Die Kritik der Opposition kommt alljährlich verlässlich. Schließlich lässt sich die legitime Frage aufwerfen, wieso es diese Art von Spielgeld braucht, mit dem sich die Regierungsabgeordneten als Kümmerer präsentieren dürfen. Und ob die Ausgaben, wenn sie denn wirklich erforderlich sind, nicht besser ganz normal in den Etats der zuständigen Ministerien abzubilden wären.

Die grüne Haushaltspolitikerin Claudia Köhler polterte am Mittwoch: "Die Fraktionsreserve ist nichts anderes als eine Selbstbedienung am Haushalt in schwierigen Zeiten." Ein "PR-Brimborium" und "unanständig" sei das, in den Fachhaushalten gebe es dagegen "Budgetlöcher". Die 100 Millionen Euro sollten lieber direkt an die Kommunen fließen. Volkmar Halbleib (SPD) sieht trotz vieler "begrüßenswerter Verwendungszwecke" Steuermittel "nach Gutsherrenart" verteilt.

FW-Fraktionschef Florian Streibl konterte: Rot-Grün kenne bekanntlich nur die Prinzipien "Gießkanne und Rasenmäher". Diese seien aber nicht bürgernah, würden dem Einzelfall nicht gerecht. "Bei uns sind es chirurgische Präzisionseingriffe in den Haushalt, um Dinge messerscharf hervorzuheben und zu unterstützten."

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