Bayerischer Landtag:Regierungsfraktionen geben 70 Millionen für "Herzensanliegen" aus

Bayerischer Landtag: Immer diese Diskussion: CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer verteidigte am Mittwoch die Ausgaben für Herzensanliegen.

Immer diese Diskussion: CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer verteidigte am Mittwoch die Ausgaben für Herzensanliegen.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

CSU und Freie Wähler erhalten im Haushalt 2023 wieder einen Sondertopf für "eigene Akzente" ihrer Abgeordneten. Im Wahljahr fällt die Kritik der Opposition besonders scharf aus.

Von Johann Osel

Die Feuerwehr-Erlebniswelt Augsburg soll 100 000 Euro bekommen. Dieselbe Summe gibt es etwa für die Kirchenglocken der Wallfahrtskirche Biberbach, das Industriedenkmal Raisting bei Weilheim oder den Wandertourismus am mittelfränkischen Hesselberg. Die Karpatendeutsche Landsmannschaft darf sich über 80 000 Euro freuen, ebenso das Metzgerhandwerk für "virtuelles Schlachten" in der Lehre.

Die Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler erhalten im Haushalt 2023 wieder Mittel für eigene Akzente. Um "Herzensanliegen" von Abgeordneten umzusetzen und den Etat "abzurunden", wie es heißt. 247 Einzelposten, viele für Kultur, Soziales und den ländlichen Raum, quer durch Bayern. Dazwischen finden sich große Investitionen wie zwei Millionen Euro für zusätzliche Notfallsanitäter. Teils aber wird es kleinteilig: Zuschüsse für Vereine, Festivals, Ausstellungen, Initiativen. Das läppert sich auf 70 Millionen Euro.

Diese "Fraktionsinitiativen" sind traditionell umstritten, nun im Landtagswahljahr ganz besonders. Immer diese Diskussion, klagt CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer am Mittwoch bei der Präsentation des Topfes präventiv. Der Landtag sei Herr über den Haushalt, die Regierung regiere nun mal und die Opposition eben nicht. Und es werde ja "nicht irgendwas" finanziert, man identifiziere unterstützenswerte Projekte. FW-Fraktionschef Florian Streibl lobt das als "gelebte Bürgernähe".

Die lebt man gleichwohl mit einem Füllhorn, das der Opposition fehlt. "Den Empfängern sei das Geld gegönnt", sagt Harald Güller (SPD), er tadelt aber das Prinzip: eine "Wahlkampf-Beglückungsoffensive" nach dem Prinzip Gießkanne. "Der Staatshaushalt ist kein Selbstbedienungsladen", rügt Claudia Köhler (Grüne), sie spricht von "Spielgeld" in den Stimmkreisen. Wichtiges müsste zudem von Anfang an im regulären Etat stehen. Gerd Mannes (AfD) meint gar, die CSU habe "aus der Günstlingswirtschaft der Maskenaffäre keine Schlüsse gezogen". Helmut Kaltenhauser (FDP) merkt zu den "Wahlgeschenken" noch an: "Fotos mit überdimensionalen Schecks suggerieren, dass das Geld von den Abgeordneten von CSU und Freien Wählern persönlich kommt." Tatsächlich löste solch ein Fall 2022 eine harsche Debatte im Ältestenrat des Landtags aus. Die Fraktionsinitiativen sahen da 800 000 Euro für ein medizinisches Forschungsprojekt vor. Ein Symbolscheck über den Zuschuss aus der Staatskasse trug dann glatt Kreuzers Unterschrift und das Logo der CSU-Fraktion.

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