Süddeutsche Zeitung

Unwetter in Libyen und Griechenland:Wie der Klimawandel zur Flutkatastrophe beigetragen hat

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Die Erwärmung der Erde hat die extremen Regenfälle in Griechenland und Libyen laut einer Schnellstudie bis zu 50-mal wahrscheinlicher gemacht. Dass die Folgen so verheerend waren, hatte aber noch andere Gründe.

Von Marlene Weiß

Der Klimawandel hat die starken Regenfälle deutlich wahrscheinlicher gemacht, die unter anderem zur verheerenden Flut in Libyen geführt haben: Das ist das Ergebnis einer Schnellstudie von Wissenschaftlern der "World Weather Attribution"-Initiative (WWA), einem internationalen Klimaforscher-Team.

Von Anfang September an hatten ein Tiefdrucksystem über der iberischen Halbinsel sowie der Sturm Daniel über dem östlichen Mittelmeer heftigen Regen über diverse Länder gebracht, insbesondere Spanien, Griechenland, Bulgarien, die Türkei und Libyen. In Griechenland starben 17 Menschen bei Überschwemmungen, auch in Spanien, Bulgarien und in der Türkei gab es mehrere Todesopfer. Mit Abstand am schwersten wurde Libyen getroffen, wo infolge der Fluten zwei Dämme brachen und Tausende starben, 10 000 Menschen werden noch vermisst.

Für die aktuelle Analyse verglichen WWA-Forschende um Mariam Zachariah vom Imperial College London die aktuelle Situation, in der sich die Erde bereits um rund 1,2 Grad erwärmt hat, anhand von Klimadaten und Simulationen mit dem vorindustriellen Klima. Die Methode gilt als wissenschaftlich etabliert. Für Libyen ergab die Berechnung, dass ein solches Ereignis selbst im aktuellen Klima selten zu erwarten ist, statistisch sollte es trotz Erwärmung nur alle 300 bis 600 Jahre auftreten. Ohne Klimawandel wäre es jedoch bis zu 50-mal weniger wahrscheinlich gewesen. In weiten Teilen von Griechenland, Bulgarien und der Türkei sei ein solches Ereignis im heutigen Klima etwa alle fünf bis zehn Jahre zu erwarten, der Klimawandel habe es bis zu zehnmal wahrscheinlicher gemacht.

Entwaldung, Urbanisierung, Konflikte: Nicht nur der Klimawandel spielte eine Rolle

Die Unsicherheit in diesen Schätzungen sei hoch, räumen die Forscherinnen und Forscher ein. Sie argumentieren aber, dass eine Rolle der Klimakrise bei den Regenfällen jedenfalls plausibel sei: Schließlich müsse man aufgrund der Erwärmung ohnehin schon davon ausgehen, dass Regenfälle grundsätzlich zehn Prozent intensiver werden - denn wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Auch zeigten Studien, dass extreme Regenfälle mit der Erwärmung zunehmen.

Der Mensch hat aber nicht nur durch den Klimawandel zu den katastrophalen Folgen der Unwetter beigetragen. Laut dem Team um Zachariah haben etwa in Griechenland Entwaldung und ein Wachstum der Städte die Landschaft verändert und dazu geführt, dass mehr Menschen und Güter Überflutungen ausgesetzt waren und das Wasser schlechter abfließen konnte. In Libyen hätten die anhaltenden Konflikte im Staat die Effekte potenziert, da etwa die Dämme nicht angemessen gewartet wurden. Die politische Situation blockiere auch eine nationale Planung zur Anpassung an den Klimawandel.

Zudem seien die beiden gebrochenen Dämme, die in den 1970er-Jahren errichtet wurden, womöglich nicht auf ein so extremes Ereignis ausgelegt gewesen. Die Katastrophe deute auf die Herausforderung hin, Infrastruktur nicht nur für die Vergangenheit und die Gegenwart zu bauen, sondern auch für die Zukunft. In Libyen bedeute das, zugleich für den langfristig abnehmenden durchschnittlichen Regen, aber auch für den zunehmenden extremen Regen zu planen - gerade für einen krisengeplagten Staat eine schwierige Aufgabe.

Fachkollegen äußern sich positiv zur Studie. "Das ist erstklassige Forschung", sagt Karsten Haustein, Klimaforscher an der Universität Leipzig. Sie folge den etablierten WWA-Prinzipien für solche Studien, die auf von Fachleuten geprüften Methoden und Daten von höchster Qualität beruhten.

Mit Material des britischen Science Media Centers

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