Süddeutsche Zeitung

Sal. Oppenheim und Arcandor:"Wir sind gescheitert"

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Einst gutes Geschäft, jetzt ungeliebtes Investment: Die Privatbank Sal. Oppenheim erwägt, ihr Engagement bei Arcandor zu beenden.

C. Dohmen und S. Weber

Die Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim wollen zügig entscheiden, ob sie bei dem insolventen Warenhaus- und Touristikkonzern Arcandor engagiert bleiben. "In den nächsten sechs bis acht Wochen dürfte eine Entscheidung fallen", erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus dem Umfeld der Bank. Die Bank ist Großaktionär, hält direkt 3,7 Prozent der Arcandor-Aktien, weitere knapp 25 Prozent besitzt eine Beteiligungsgesellschaft der Oppenheim-Gesellschafter. Die andere Großaktionärin, Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, will dagegen an ihrem Engagement festhalten.

Im Herbst hatte Oppenheim ein gutes Geschäft in Arcandor gesehen und je Aktie 2,11 Euro gezahlt. "Wir sind gescheitert", heißt es rückblickend aus dem Umfeld der Bank. Nur noch "theoretisch" hält es der Großaktionär für möglich, dass Arcandor insgesamt erhalten bleibt. Dafür hatte sich Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick kurz nach Insolvenzantrag ausgesprochen. Entscheidend wird nun sein, wie Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg die Situation sieht. Er wird an diesem Donnerstag eine Einschätzung zum Insolvenzverfahren geben.

Die Pläne für die Bildung einer großen Deutschen Warenhaus AG seien auf absehbare Zeit gescheitert, heißt es im Umfeld von Oppenheim. Eine solche privatwirtschaftliche Lösung sei schon in den Wochen vor der Insolvenz äußerst unrealistisch gewesen. Kolportiert wird, Metro-Chef Eckhard Cordes habe für seine Idee nicht einmal die Rückendeckung des Familienclans und Metro-Großaktionärs Haniel gehabt. Cordes hatte die Idee einer Deutschen Warenhaus AG in Spiel gebracht, als Arcandor Staatshilfe beantragt hatte. Damit sollten 60 der 90 Karstadt-Häuser erhalten bleiben und mit dem Kaufhof-Häusern zusammengelegt werden.

In Kreisen von Metro und Haniel wird jedoch vehement bestritten, dass Cordes die Idee eines Bündnisses von Kaufhof und Karstadt ohne Abstimmung mit dem Haniel-Aufsichtsrat vorangetrieben habe. Jeder Schritt sei mit Franz Haniel, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, abgesprochen gewesen, betonte ein Metro-Sprecher. Beobachter sehen in den Vorwürfen des Bankhauses Oppenheim den Versuch, das Modell der Deutschen Warenhaus AG zu torpedieren, weil ein Einzelverkauf der Karstadt-Warenhäuser möglicherweise einen höheren Erlös erbringt als die Abgabe en bloc von 60 der 91 Standorte an die Metro. Immobilienexperten vermuten, dass sich für die Hälfte der Karstadt-Häuser rasch neue Nutzer finden lassen.

Dagegen sei die Zukunft der übrigen Standorte unsicher. Im Vorfeld der Insolvenz von Arcandor hatte Oppenheim-Bankier Friedrich-Carl Janssen die Offerte von Metro als "unmoralisches Angebot" zurückgewiesen.

Reizwort Esch

Unterdessen wirbt Metro insbesondere in der Politik weiter für das Konzept eines gemeinsamen Warenhausunternehmens. Bei dieser Lösung gingen allenfalls 4000 bis 5000 der insgesamt 23.000 Vollzeitstellen bei Karstadt verloren, wird betont. Dagegen blieben bei einem Einzelverkauf der Häuser sehr viel mehr Arbeitsplätze auf der Strecke.

Oppenheim geht auch auf Distanz zum Bauunternehmer Josef Esch, mit dem man gemeinsam die Oppenheim-Esch-Fonds auflegt. Diese sind immer wieder ins Gerede gekommen. "Derzeit gibt es keine neuen Projekte in der Pipeline", heißt es aus dem Umfeld von Oppenheim. Das letzte Großprojekt wurde mit den Rheinhallen 2005 aufgelegt. Esch sei für viele ein Reizwort, heißt es.

Aktuell untersucht die Staatsanwaltschaft, ob Thomas Middelhoff in seiner Zeit als Vorstandschef gegen die Interessen von Arcandor gehandelt hat. Er hatte sich - noch vor Beginn seiner Tätigkeit bei Arcandor - privat an Immobilienfonds beteiligt. Diese sollen fünf Karstadt-Häuser zu außergewöhnlich hohen Mieten zurückvermietet haben. Als Privatmann hatte Middelhoff danach ein Interesse an möglichst hohen Einnahmen für die Fonds, als Vorstandschef musste er jedoch auf niedrige Mieten dringen. Im Gegenzug für die hohen Mieten wollte Esch Arcandor angeblich an den Gewinnen aus anderen Großprojekten beteiligen. Zu den Geschäften kam es jedoch nicht.

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SZ vom 17.06.2009/tob
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