Süddeutsche Zeitung

Elmos:Habeck will Verkauf von Chipfabrik verbieten

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Der Wirtschaftsminister schlägt dem Bundeskabinett vor, die Übernahme der Elmos-Chipfertigung durch eine chinesische Firma zu untersagen. Die Begründung: Er sieht eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Deutschland.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die geplante Übernahme einer Chipfabrik des Dortmunder Unternehmens Elmos durch den staatsnahen chinesischen IT-Konzern Sai Microelectronics untersagen. Wie am Dienstag aus Ministeriumskreisen verlautete, hat Habeck dem Bundeskabinett einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Zur Begründung hieß es, der Minister sehe den Verkauf deutscher Halbleiter- und Chipfabriken an ausländische Erwerber grundsätzlich kritisch. Im konkreten Fall hätte eine Genehmigung des Geschäfts zudem die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland gefährdet. Daran hätte aus Sicht Habecks auch eine Zustimmung unter Auflagen nichts ändern können.

Das Bundeskabinett muss dem Vorschlag des Ministers noch zustimmen. Anders als beim Einstieg der chinesischen Großreederei Cosco bei einem Terminal des Hamburger Hafens vor wenigen Wochen hat sich die Regierung aber diesmal offensichtlich intern abgestimmt. Die Gespräche zu Elmos seien "innerhalb der Bundesregierung konstruktiv geführt" worden, hieß es in den Kreisen. Im Fall Cosco hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Geschäft am Ende gegen den Widerstand aller beteiligten Ministerien durchgesetzt. Allerdings darf der chinesische Konzern statt 35 Prozent nun nur 24,9 Prozent der Anteile an dem Terminal übernehmen.

Der Halbleiterhersteller Elmos hatte im Dezember vergangenen Jahres angekündigt, seine Chipfertigung im Ruhrgebiet für 85 Millionen Euro an den schwedischen Wettbewerber Silex zu verkaufen. Silex gehört allerdings zu 100 Prozent zum Sai-Konzern, der wiederum eng mit der Kommunistischen Partei und dem Militär Chinas verbandelt ist. Neben dem Verfassungsschutz hatte deshalb auch die FDP Bedenken gegen das Geschäft angemeldet. "Es gilt, chinesischen Einfluss sowohl auf kritische Infrastruktur als auch auf Schlüsselindustrien zu verhindern", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler. Stand Dienstag, wird sich das Kabinett an diesem Mittwoch mit dem Fall befassen und aller Voraussicht nach auch eine endgültige Entscheidung treffen.

Das Wirtschaftsministerium will seine Genehmigungspraxis ändern

Dass Habeck den Kauf untersagen will, dürfte sowohl mit dem sehr kritischen öffentlichen Echo im Fall Cosco als auch mit einem generellen Sinneswandel innerhalb des Ministeriums zu tun haben. Künftig soll bei Investitionsprüfverfahren neben dem konkreten Übernahmeantrag stärker auch auf das Gesamtbild geachtet werden, also etwa auf die Frage, ob die Bundesrepublik bei einer Genehmigung des Geschäfts ihre Abhängigkeit von einem anderen Staat weiter vergrößern, ob sich Dritte in die sogenannte kritische Infrastruktur einkaufen oder ob wichtiges technologisches Wissen ins Ausland abfließen würde. Dabei stehen die Führung in Peking und ihre teils rabiaten wirtschaftspolitischen Expansionsbestrebungen besonders im Fokus. Die Bundesregierung arbeitet unter Federführung des Auswärtigen Amts derzeit an einer grundsätzlich neuen China-Strategie, die im Frühjahr kommenden Jahres vorliegen soll.

Das Wirtschaftsministerium hat allein im laufenden Jahr 261 nationale Investitionsprüfverfahren eingeleitet. Die meisten Firmenübernahmen werden rasch gebilligt, weil die Bewerber aus unverdächtigen Ländern wie den USA und Japan oder aber aus der Europäischen Union kommen. 44 Beteiligungsanträge sind derzeit noch anhängig, darunter 17 aus China und sieben aus den Vereinigten Staaten. Im April hatte die Bundesregierung bereits den Verkauf des Medizintechnikunternehmens Heyer Medical an einen chinesischen Investor verboten. Heyer stellt unter anderem Beatmungsgeräte her, wie sie bei der Versorgung schwer kranker Corona-Patienten verwendet werden.

Fraglich ist nun, wie es mit Elmos und dem Produktionsstandort Dortmund weitergehen wird. Offenbar wäre die Bundesregierung bei einem endgültigen Verbot des geplanten China-Geschäfts aber bereit, dem Unternehmen bei Bedarf auf anderem Wege unter die Arme zu greifen.

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