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Marihuana:Kanada fürchtet den Mangel an Cannabis

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Von Hans von der Hagen

In Kanada passiert es schon mal, dass der Taxifahrer sagt, dass er die Welt gerade in 6-D wahrnehme. Vor allem viele junge Leute sehen dort die Welt bunter als anderswo, weil der Konsum von Drogen wie Marihuana weit verbreitet ist. Wenn Kanada die Droge wie geplant vom Sommer kommenden Jahres an legalisiert, ist es letztlich eine Kapitulationserklärung. Die bestehenden Gesetze hätten "erbärmlich dabei versagt", Minderjährige von Cannabis fernzuhalten, räumte im April Ralph Goodale, Minister für öffentliche Sicherheit, ein. Darum werden die abgeschafft. Doch nun zeichnet sich ein neues Problem ab: Es könnte schwer werden, des neuen Bedarfs Herr zu werden.

Ausgerechnet die Finanzminister machen sich in Kanada gerade viele Gedanken über Marihuana

Das wurde deutlich, als sich in den vergangenen Tagen Vertreter der kanadischen Provinzen und der Regierung trafen, um Details der Legalisierung zu besprechen. Dort erfuhren sie, dass schon jetzt die Nachfrage "ziemlich hoch" sei. Später sagte Charles Sousa, Finanzminister der Provinz Ontario, der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge: "Letztlich ist das größte Problem das Angebot."

Vor allem in der Anfangszeit der Legalisierung dürften Unternehmen Schwierigkeiten haben, die Nachfrage zu decken. Schon die Versorgung der knapp 200 000 legalen Nutzer, die Marihuana aus medizinischen Gründen nehmen dürfen, ist offenbar nicht gesichert. Dass es nun ausgerechnet die Finanzminister sind, die sich über diese Dinge so viele Gedanken machen, zeigt, dass womöglich weniger die Sorge um die Jugend die Politik umtreibt. Vielmehr die Überlegung, dass der Staat am Ende zu kurz kommen könnte. Sie wissen ja, dass die Geschäfte prächtig laufen. Nur verdienen bislang aus Sicht Kanadas die falschen Leute daran - jene, die die Einnahmen daraus garantiert nicht versteuern.

2018 werden nach Schätzung des parlamentarischen Haushaltsbüros in Ottawa 4,6 Millionen Personen rund 650 Tonnen Cannabis konsumieren. Das Büro hat sich so umfassend wie wahrscheinlich kaum eine andere Einrichtung darüber Gedanken gemacht, wie die Legalisierung von Marihuana aus Sicht der Politik zu bewerten ist. Für die Analyse wurde ermittelt, dass die durchschnittlichen Preise für ein Gramm der Droge in den vergangenen Jahren im Schnitt zwischen 8,32 und 9,36 Dollar lagen. 2018 könnten sich die legalen Preise - vor Steuern - etwa einen Dollar darunter einpendeln. Die alles entscheidende Frage ist nun: Wie hoch dürfen die Cannabis-Produkte besteuert werden?

Einerseits sollen die Preise nach Steuern so hoch sein, dass vor allem junge Menschen vom Cannabis abgehalten werden. Andererseits: Sind die Preise zu hoch, werden weite Teile des Marktes in der Illegalität bleiben. Eine Antwort hat das Büro nicht. Aber es weiß: Bei einem Preis von 15 Dollar wird für den Staat fast nichts mehr übrig bleiben.

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Quelle:
SZ vom 27.06.2017
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