Süddeutsche Zeitung

Türkei:Lira stürzt nach Trump-Ankündigung dramatisch ab

Lesezeit: 2 min

Von Vivien Timmler und Markus Zydra

US-Präsident Donald Trump hat mit einem einzigen Tweet die türkische Lira erneut abstürzen lassen. Über den Kurznachrichtendienst ordnete er höhere Zölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei an. Für Aluminium-Einfuhren würden künftig 20 Prozent Zoll fällig, für Stahlimporte 50 Prozent - also doppelt so viel wie bislang. Als Begründung schreibt Trump auf Twitter weiter: "Unsere Beziehungen zur Türkei sind zur Zeit nicht gut."

Wenige Minuten später beginnt ein erneuter Fall der türkischen Währung. Nachdem die Lira bereits am Morgen bis zu 14 Prozent verloren hatte, rauscht der Kurs am Nachmittag auf einen historischen Tiefstand. Die türkische Lira verliert zeitweise mehr als 23 Prozent an Wert. Da kann auch ein zuvor von Finanzminister Berat Albayrak vorgestelltes Maßnahmenpaket die Investoren nicht überzeugen - genauso wenig wie seine Zusicherung, die Notenbank könne eine unabhängige Geldpolitik betreiben.

US-Präsident Trump heizt mit seiner Strafzoll-Ankündigung somit nicht nur den seit Tagen schrittweise eskalierenden Konflikt mit der Türkei weiter an, sondern gibt gleichzeitig den Anstoß für einen weiteren tiefen Sturz der Landeswährung.

Der ohnehin unter Druck stehende Präsident Recep Tayyip Erdoğan gerät nun weiter in Bedrängnis. Erst am Freitagmittag hatte er die Türken bei einer Kundgebung in der Schwarzmeerregion Bayburt aufgerufen, ihre ausländischen Devisen einzutauschen, um den Verfall der Lira zu stoppen. "Wenn Ihr Dollar, Euro oder Gold unter dem Kopfkissen habt, geht zur Bank und tauscht es in türkische Lira. Dies ist ein nationaler Kampf", sagte Erdoğan. Zu dem Zeitpunkt belief sich der Verlust jedoch nur auf zwölf Prozent - nun ist die Lage weitaus dramatischer.

Die Beziehung zwischen der Türkei und den USA wird derzeit durch eine ganze Reihe von Streitfragen belastet. Grund für den aktuellen Konflikt ist vor allem die Festnahme des US-Geistlichen Andrew Brunson durch türkische Behörden. Die Ermittler werfen ihm Verbindungen zum Prediger Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steht. Brunson weist die Vorwürfe zurück. Gespräche hochrangiger Regierungsvertreter beider Seiten brachten bislang keinen Durchbruch.

Der türkische Finanzminister beschwichtigt - und dann kommt Trump

Ein weiterer Grund für den Verfall der Lira ist die wachsende Einflussnahme Erdoğans auf die türkische Zentralbank, die internationale Investoren seit Monaten beunruhigt. Zwar hat der türkische Finanzminister Berat Albayrak bei einer Konferenz am Freitag versucht, die Investoren zu beschwichtigen und beteuert, die Regierung werde die Unabhängigkeit der Zentralbank schützen. Die erneuten Währungsturbulenzen nach Trumps Tweet verdeutlichen aber, dass die internationalen Finanzmärkte weiterhin stark an der Stabilität der türkischen Wirtschaft zweifeln.

Eine Möglichkeit, das Vertrauen der Finanzmärkte in das Land wieder zu stärken, wäre ein Hilfegesuch an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Das lehnt die türkische Regierung bislang jedoch vehement ab. Sollte die Türkei IWF-Hilfen bekommen, wären die an wirtschaftspolitische Reformversprechen gebunden - was die Investoren an den Finanzmärkten beschwichtigen würde.

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