Süddeutsche Zeitung

Apple-Importlizenz:In Iran werden iPhones jetzt legal

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Von Moritz Baumstieger

Grenzen sind nie so dicht, wie das ihre Hüter gerne hätten: Im geteilten Deutschland konnte der "Antifaschistische Schutzwall" nicht verhindern, dass Fluchtwillige ihren Weg in die Freiheit fanden und Westpropaganda wie die Bravo trotz strengster Kontrollen ins Land kam. In Nordkorea, so hört man, guckt man mit Gästen abends gerne südkoreanische Seifenopern auf DVD. Und auch in Iran musste die Regierung nun einsehen, dass man den "großen Satan" zwar rhetorisch bekämpfen kann, die Bürger aber trotz aller frommer Reden nicht immun sind gegen seine Verlockungen.

Auf den Straßen war es ohnehin schon lange offensichtlich: Wenn eine junge Frau ihr Smartphone zückte, um mit ihm als Handspiegel zu überprüfen, ob sich der obligatorische Schleier nicht noch einen Zentimeter nach hinten schieben lässt, kam das Gerät nicht selten aus Kalifornien. Wenn Spaziergänger beim Sonnenuntergang auf Teherans spektakulärer Tabiaat-Brücke ein Selfie schossen, dann benutzten sie mit einiger Wahrscheinlichkeit ein iPhone. Dabei gab es für eine Einfuhr von Produkten der Firma Apple in die Islamische Republik bisher doch gar keine Genehmigung.

Das ändert sich nun. Wie die Nachrichtenagentur Tasnim berichtet, will das Handelsministerium neun Unternehmen eine Lizenz zum Import von iPhones geben - eine Kehrtwende um 180 Grad: Noch vor wenigen Wochen hatte die Regierung gedroht, alle illegal importierten Smartphones der Marke Apple zu konfiszieren. Die wurden in Iran trotz des Verbotes bisher recht offen gehandelt. Allein in Teheran gab es Dutzende inoffizielle "Apple Stores", die sich frech das Logo der Firma aus Cupertino aufs Schaufenster klebten und die Geräte hinter der Scheibe präsentierten. Millionen davon wurden in den vergangenen Jahren in das Land geschmuggelt, und obwohl der Durchschnittsverdienst bei nicht einmal 500 Euro liegt, fanden die bis zu 700 Euro teuren iPhones reißenden Absatz.

iPhone-Lizenz könnte der Überwachung der Bevölkerung dienen

Mit der neuen Politik will Teheran einerseits nun dort Steuern einnehmen, wo bisher am Staat vorbei verdient wurde. Andererseits geht es wohl um Kontrolle: Die bald vielleicht legalen iPhones sollen registriert werden, ihre Nutzer wären somit eventuell nachverfolgbar. Apple hat noch nicht auf die Avancen reagiert, gilt aber als sehr interessiert an einem Markteintritt in dem Land mit bald 80 Millionen und recht technikverliebten Einwohnern. Die immer noch bestehenden Sanktionen der USA gegen Iran dürften kein Hindernis bedeuten, die US-Behörde zur Exportkontrolle erlaubt die Ausfuhr von Gütern zum Privatgebrauch. Schwieriger wird wohl die Zahlungsabwicklung, internationale Großbanken meiden den iranischen Markt nach wie vor.

Der oberste Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei - der seine Fatwas übrigens auch über eine App für das iPhone verbreitet - hat diese Wende noch nicht kommentiert. Aus theologischer Sicht dürfte aber nichts gegen Apple sprechen: Die Geschichte von Adam und Eva, dem Teufel und dem Baum der Erkenntnis kennt der Islam zwar auch. Doch dass ausgerechnet ein Apfel die verbotene Frucht sein soll, mit der Satan die Menschheit in Verführung bringt - das steht nirgends im Koran.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2016
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