Süddeutsche Zeitung

Konsumgüter:Krise im Reich von Schwarzkopf und Persil

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Henkel leidet unter hohen Rohstoffpreisen, die Aktie bricht ein. Nun kündigt der Konzern aus Düsseldorf den größten Umbau seit Jahren an. Auch Arbeitsplätze sind in Gefahr.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Henkel ist so eine Firma, die in praktisch jeder Waschküche respektive Putzabteilung dieser Republik vertreten ist und dennoch kaum Aufhebens um sich macht: Der Konzern steht für Marken wie Persil, Schwarzkopf oder Pritt - und gehört noch immer mehrheitlich den Erben von Fritz Henkel, der jene Waschmittelfabrik im Jahr 1876 gründete.

Doch nun kündigt das Unternehmen den größten Umbau seit einigen Jahren an. Denn im Vergleich zu Konsumgüterkonzernen wie L'Oréal oder Unilever (Dove, Coral) hinkt Henkel hinterher. Die Düsseldorfer melden sowohl für das gerade vergangene als auch im Ausblick auf das neue Jahr deutlich niedrigere Gewinne als vor der Pandemie. Spiegelbildlich: An der Börse ist die Henkel-Aktie gut 40 Prozent weniger wert als vor fünf Jahren.

Da konkurrieren zum einen die vielen plastikverpackten Shampoos und Reinigungsmittel in den Regalen der Supermärkte und Kosmetikketten mit so vielen anderen Massenprodukten. Da steigen während der Corona-Krise zum anderen Rohstoff- und Transportkosten in einem "bislang noch nicht gesehenen" Ausmaß, klagt Vorstandschef Carsten Knobel, der seit mehr als 25 Jahren für Henkel arbeitet.

Nun also will der Konzern seine Wasch- und Reinigungsmittelsparte um Persil oder Pril zusammenlegen mit dem Kosmetikgeschäft um Schwarzkopf oder Fa. Beide Sparten litten 2021 unter eben jenen, hohen Rohstoffpreisen. Und beide stehen vor ähnlichen Herausforderungen, von Onlinehandel bis Umweltschutz.

Wenn es um große Zukäufe geht, hatte Henkel zuletzt kein glückliches Händchen

Knobel hofft auf "signifikante Synergien", das heißt auf Deutsch: Das Unternehmen will doppelte Ausgaben für Verwaltung, Vertrieb oder Werbung künftig sparen. Dies werde sich weltweit auch auf Beschäftigte auswirken, heißt es vage. "Wir werden jetzt sehr schnell Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern in den jeweiligen Ländern aufnehmen", sagt Knobel. Bislang zählen die Persil- und die Schwarzkopf-Sparte zusammen etwa 20 000 Beschäftigte weltweit, davon 15 Prozent in Deutschland.

Nun kann man einwenden, dass andere Konzerne in den vergangenen Jahren kräftiger umgebaut haben als Henkel. Siemens oder Bayer etwa haben gleich mehrere Bereiche ausgelagert und als eigenständige Unternehmen an die Börse gebracht.

Steht bei Henkel denn auch bald eine Aufspaltung bevor, in Waschen und Kosmetik einerseits und das Klebstoffgeschäft um Marken wie Pritt oder Loctite andererseits, das profitabler ist und derzeit stärker wächst? "Die Antwort lautet ganz klar: Nein", sagt Knobel. Das neue Bündnis um Persil und Schwarzkopf sei "stark genug, um Teil von Henkel zu bleiben". Dass der Konzern in verschiedenen Märkten vertreten sei, habe immer geholfen, durch Krisen zu kommen. Und, so der Vorstandschef: "Die kombinierte Größe gibt uns natürlich auch Möglichkeiten, größere Akquisitionen zu finanzieren."

Was solche großen Zukäufe betrifft, hatten die Düsseldorfer zuletzt kein glückliches Händchen. Beispielsweise erhielten sie im Jahr 2020 nicht den Zuschlag, als der Konzern Coty die Haarpflege-Marke Wella verkauft hat. Die Gruppe, die gut zum Friseurgeschäft von Henkel gepasst hätte, ging stattdessen an den Finanzinvestor KKR.

An der Börse verliert Henkel am Freitag zeitweise zehn Prozent an Wert

An der Börse kamen die Ankündigungen am Freitag schlecht an, Henkel verlor zeitweise zehn Prozent an Wert. Knobel führt das vor allem auf den nüchternen Ausblick zurück, den seine Firma nun ebenfalls gegeben hat: Demnach werde die Gewinnmarge in diesem Jahr allenfalls auf dem Niveau der Krisenjahre 2020 und 2021 verharren, eher noch darunterliegen. Henkel verweist auf die Nachfrage nach Rohstoffen oder Transporten, die vielerorts auf ein knappes Angebot trifft, etwa bei Schiffscontainern oder in der Luftfracht.

Dabei hatte die Henkel-Spitze versucht, die schlechten Nachrichten mit der Ankündigung eines Aktienrückkaufs zu garnieren, dem ersten der Unternehmensgeschichte. Wenn Konzerne eigene Aktien kaufen, dann macht das die restlichen Anteilsscheine tendenziell wertvoller, da sich die Gewinne dann auf weniger Aktionäre verteilen. Doch zuweilen erweckt ein Aktienrückkauf auch den Eindruck, dass ein Unternehmen nicht weiß, worin es sein Geld investieren könnte.

Knobel hingegen deutet den Rückkauf als Ausdruck dessen, dass der Konzern an das Potenzial seiner Geschäfte glaube. "Wir haben eine sehr starke Bilanz, sind praktisch schuldenfrei", sagt der 53-Jährige, der seit Anfang 2020 an der Vorstandsspitze steht. Henkel könne mithin auch trotz Aktienrückkaufs Übernahmen angehen.

Angesichts aller Umbrüche versucht Knobel erst recht, die Tradition seiner Firma zu beschwören. "Ja", sagt der Vorstandschef am Anfang seiner Ausführungen, "Persil wird auch weiterhin in Düsseldorf produziert".

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