Süddeutsche Zeitung

Forderung der Regierung:"Aufsichtsräte müssen weiblicher werden"

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Quote, ja oder nein? Vor der Corporate Governance Jahreskonferenz wächst der Druck auf die Konzerne, ihre Aufsichtsräte weiblicher zu machen. Wie das geschehen soll, ist allerdings umstritten.

Karl-Heinz Büschemann

Der Druck wächst. Deutsche Unternehmen sollen künftig mehr Frauen in Führungspositionen und in den Aufsichtsräten haben. Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) wollen den Frauenanteil bei Führungskräften in den Unternehmen sogar zur Vorschrift machen und einen Gesetzesvorschlag einbringen.

Sie wünsche sich in den Unternehmen einen Anteil von 20 Prozent im Jahr 2015, sagte Schröder in einem Interview mit dem Handelsblatt. Auch Klaus-Peter Müller, der Vorsitzende der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hält den Anteil der Frauen in Führungs- und Kontrollfunktionen für zu gering. "Die Vorstände und Aufsichtsräte deutscher Unternehmen sind eine Domäne der Männer. Dies darf so nicht bleiben."

Am Mittwoch und Donnerstag treffen sich in Berlin deutsche Aufsichtsräte zum Jahrestreffen der Regierungskommission. Dort wird die Justizministerin einen kurzen Vortrag halten. Thema: "Aufsichtsräte müssen professioneller und weiblicher werden".

"Wir brauchen eine Quote"

Allerdings gibt es um die Frauen in den Aufsichtsräten erheblichen Streit. Sollen sie per Quote in die Gremien aufgenommen werden, wie es Norwegen tut, das einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Kontrollgremien vorschreibt, oder soll es freiwillig geschehen?

Die Regierungskommission will keinen festen Prozentsatz für die Frauen vorgeben. Sie fordert von den Unternehmen allerdings, "den Anteil von Frauen und internationalen Vertretern in deutschen Aufsichtsräten nachhaltig zu erhöhen".

Das aus zwölf Mitgliedern von Unternehmen, Wissenschaft und Gewerkschaften zusammengesetzte Gremium könnte damit aber unter Druck des Gesetzgebers geraten, wenn der eine Frauenquote für Aufsichtsräte vorschreibt. "Wir brauchen endlich eine gesetzliche Regelung", verlangt Harald Wolf, der Berliner Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen in Berlin von der Partei die Linke.

Der Personalberater Hermann Sendele fände einen Frauenanteil von mindestens 25 Prozent einen guten Anfang. "Wir brauchen eine Quote, sonst wird sich in den Aufsichtsräten nichts ändern", sagt der Partner der Personalberatung Board Consultants. Wenn die Zahl der Frauen in den Aufsichtsgremien nicht erhöht werde, sei keine Änderung in den unteren Etagen zu erwarten.

Qualifizierungsdebatte für Aufsichtsräte

Aber es gibt auch Gegenstimmen. Karen-Elise Rehlen von der Personalberatung Korn/Ferry spricht sich gegen eine Quote aus. Sie spielt den Ball zur Regierung zurück, die dafür sorgen müsste, dass zum Beispiel die Angebote für Kinderbetreuung oder Ganztagsschulen ausgebaut würden, um für Frauen die Karriere mit dem Familienleben vereinbar zu machen.

Eine Quote hält die Beraterin für den falschen Weg, weil auch Frauen im Management Fehler machten. Für Monika Schulz-Strelow von der Organisation Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) haben dagegen die freiwilligen Regelungen bisher nichts gebracht. "Auch in Deutschland kann kurzfristig nur eine verbindliche Frauenquote für die Aufsichtsräte Abhilfe schaffen."

Das Problem ist, dass es in Deutschland bisher nur wenige Frauen gibt, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung als Aufsichtsräte in Frage kämen. Kommissionspräsident Müller startete deshalb eine Qualifizierungsdebatte für Aufsichtsräte, und zwar für Männer wie für Frauen.

Auch die langgedienten Männer in den Führungsetagen seien nicht alle den Anforderungen gewachsen, die an Aufsichtsräte gestellt werden. Die häufigen Änderungen der Gesetze machten die ständige Weiterbildung auch für erfahrene Manager notwendig, sagt der oberste deutsche Corporate Governance-Hüter. Müller, so ist aus seiner Umgebung zu erfahren, weise auch darauf hin, dass die Frauenquote in den Aufsichtsräten frühestens 2013 nennenswert geändert werden könnte. Dann fänden in den meisten Unternehmen die Neuwahlen zum Aufsichtsrat statt.

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SZ vom 15.06.2010
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