Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Netzagentur hält neue Stromtrassen für unverzichtbar

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Von Markus Balser, Berlin

Nach der neuerlichen Verzögerung beim Ausbau der deutschen Stromtrassen geht die Bundesnetzagentur auf Konfrontationskurs zur Blockadehaltung von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). "Im Kern zeigt sich, dass insbesondere die großen Nord-Süd-Verbindungen weiterhin als energiewirtschaftlich notwendig und vordringlich einzustufen sind. Der Bedarf wird durch die Prüfungsergebnisse der Bundesnetzagentur zum wiederholten Mal klar belegt", sagte Netzagenturchef Jochen Homann am Freitag.

In der Behörde herrscht offenkundig wenig Verständnis für die Blockadehaltung im Freistaat. Eine vorläufige Prüfung von Plänen der deutschen Netzbetreiber zum Netzausbau lässt aus Sicht der Netzagentur keine Zweifel: Vor allem die umstrittenen drei großen Nord-Süd-Trassen, darunter auch die in Bayern heftig bekämpfte Süd-Ost-Passage, würden dringen gebraucht, erklärt die Netzagentur. Die von den Netzbetreibern überarbeiteten Pläne seien von seiner Behörde und externen Wissenschaftler nochmals sorgfältig geprüft worden, heißt es in einer Mitteilung.

Ergebnis: Die Bundesnetzagentur hält von den vorgeschlagenen 92 Maßnahmen derzeit 63 für erforderlich. "Insbesondere die Nord-Süd-Gleichstromverbindungen von Emden nach Philippsburg, von Wilster nach Grafenrheinfeld und von Wolmirstedt nach Gundremmingen haben sich wiederum als notwendig erwiesen", teilt die Behörde mit. Für derzeit noch nicht erforderlich hält sie die von den Netzbetreibern geforderte vierte Gleichstromverbindung aus dem Kreis Segeberg nach Wendlingen.

Seehofer will lieber Gaskraftwerke bauen

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), weigert sich, neue Stromleitungen für Windenergie aus dem Norden in sein Bundesland zu bauen. Nach Bürgerprotesten will der CSU-Chef den Strombedarf in Bayern nach der Abschaltung der Atomkraftwerke lieber mit neuen Gaskraftwerken decken, für deren Bau er Subventionen fordert. Der Streit blieb bei einem Spitzentreffen der Koalition in dieser Woche ungelöst. Ein Kompromiss soll bis Ende Juni gefunden werden. Auch in Brüssel wächst der Unmut über den Streit in Deutschland. Die "Verzögerungen" beim Bau mancher Leitungen in Deutschland seien erheblich, klagt etwa EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete.

Die Bonner Behörde schlägt deshalb Alarm. Mehr denn je dränge bei Plänen für neue Trassen die Zeit. "Der rasche Ausbau unseres Stromübertragungsnetzes hat mit dem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und dem näher rückenden endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie an Dringlichkeit weiter zugenommen", sagt Behördenchef Homann. "Er ist eine Schlüsselfrage für den Erfolg der Energiewende." Die Bundesnetzagentur startet am Freitag die Beteiligung der Öffentlichkeit zu den Entwürfen für den Netzentwicklungsplan, der den Ausbau bis 2024 festlegt. Die Öffentlichkeit und Behörden haben nun Gelegenheit, Stellungnahmen zu den Netzentwicklungsplänen bis Mitte Mai abzugeben.

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