Süddeutsche Zeitung

Drohende Staatspleite:Athen greift nach Schweizer Schwarzgeldkonten

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Athen will sich um griechisches Schwarzgeld auf Schweizer Konten kümmern

Die griechische Regierung ergreift erste konkrete Maßnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts. An diesem Samstag hat die Regierung bereits einen Gesetzesentwurf von Finanzminister Yanis Varoufakis abgesegnet, die Strafen für säumige Steuerzahler zu senken. Nun gibt ein Sprecher des Schweizer Finanzministeriums bekannt, dass die griechische Regierung über griechisches Schwarzgeld auf Schweizer Konten sprechen möchte. Der für internationale Finanzfragen zuständige Staatssekretär Jacques de Watteville werde kommende Woche zu Gesprächen nach Athen reisen.

Wie der Schweizer Tages-Anzeiger berichtet, horten griechische Bürger insgesamt 1,5 Milliarden Franken (1,4 Milliarden Euro) auf Schweizer Bankkonten. Ein Teil dieser Gelder ist demnach unversteuert. Der Ministeriumssprecher wollte die in dem Bericht genannte Summe allerdings nicht bestätigen.

In den vergangenen Tagen war in Schweizer Medien darüber spekuliert worden, warum sich das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland nicht um die Schwarzgeldmillionen in der Schweiz kümmert. Zuletzt hatte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Februar 2014 mit ihrem damaligen griechischen Kollegen Giannis Stournaras über das Thema gesprochen. Am Freitag hatte Tsipras baldige Verhandlungen mit der Schweiz angekündigt, um über ein "Abkommen über die Gelder von Griechen in der Schweiz" zu reden.

Noch zweieinhalb Wochen bis zum drohenden Staatsbankrott

Wann geht Griechenland das Geld aus, wann drohen Grexit oder Graccident? Schon bald, so viel ist klar. Deshalb wurde der nächtliche EU-Gipfel von Donnerstag auf Freitag einberufen, deshalb steigt der Druck auf die griechische Regierung, in Brüssel ein überzeugendes Reformpaket abzuliefern, damit die 7,2 Milliarden Euro der letzten Kredittranche fließen können.

Auf dem nächtlichen Gipfel wurde SZ-Informationen zufolge auch ein genaueres Datum für die drohende Pleite gehandelt: Vom 9. April an sei die Lage "kritisch". Das deckt sich mit einem Bericht der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Demnach verfügt die griechische Regierung noch bis zum 8. April über genügend Geld zur Begleichung ihrer finanziellen Verpflichtungen. Die EU-Kommission gehe nach internen Berechnungen davon aus, dass Athen Ende des Monats Löhne und Gehälter noch voll auszahlen kann.

Am 9. April müsse Athen dann eine Kredittranche in Höhe von 467 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen, was die finanzielle Lage zuspitzt. Mitte April müssen außerdem kurzfristige Staatsanleihen im Wert von 2,4 Milliarden Euro refinanziert werden.

Reformliste soll "in den nächsten Tagen" kommen

Die Berechnungen beruhen laut FAS auf neuen Zahlen der Fachleute der EU-Kommission in Athen. Die Kommission unterstellt demnach bei ihrer Kalkulation, dass die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras auch auf Barmittel der Sozialkassen und staatlicher Unternehmen zurückgreift. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür wurden in der vergangenen Woche geschaffen.

Tsipras bleiben dem Bericht zufolge gut zwei Wochen Zeit, um mit den Geldgebern eine vollständige Reformliste abzustimmen. Am Freitag hatte Tsipras mit den Spitzen der europäischen Institutionen vereinbart, eine solche Liste "in den nächsten Tagen" zu präsentieren. Den SZ-Informationen zufolge verstehen die Gesprächspartner darunter einen Zeitraum von maximal zehn Tagen.

Tsipras hatte beim EU-Gipfel in Brüssel am Freitag betont, Griechenland habe vorerst keine Schwierigkeiten, seine Kreditverpflichtungen zu bedienen und den Staat am Laufen zu halten. Es gebe "kurzfristig keinerlei Liquiditätsproblem". Der griechische Regierungschef wird am Montag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentreffen, es ist sein erster Besuch in Deutschland seit seinem Amtsantritt.

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