Süddeutsche Zeitung

Logistik:Die Post ist an der Börse so wertvoll wie nie

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Volle Frachtflugzeuge, mehr Pakete: Der Konzern hebt die Gewinnprognose um gut eine Milliarde Euro an. Doch Investoren fragen sich, wie lang das Wachstum anhält.

Von Benedikt Müller-Arnold

Noch vor gut einem Jahr musste die Deutsche Post ziemlich viel Trübsal blasen. Während der ersten Welle der Corona-Pandemie schickten Firmen kaum noch Werbebriefe, flog DHL weniger Güter durch die Welt - und Lager für die Autoindustrie standen zeitweise still. "Wir sind hier in einer sehr schweren Krise", sagte Vorstandschef Frank Appel damals, die Aktie Gelb notierte deutlich unter 30 Euro.

Mittlerweile ist davon fast nichts mehr zu spüren. Im hiesigen Leitindex Dax zählt die Post zu den Titeln, die in den vergangenen Monaten am meisten an Wert gewonnen haben. Vor der Hauptversammlung an diesem Donnerstag notiert die Aktie über 50 Euro - so hoch wie nie zuvor. Dabei profitiert der Logistikkonzern vor allem von zwei Sondereffekten.

Den einen können viele Menschen täglich vor der Tür betrachten: Seitdem viele Läden vorübergehend schließen mussten oder nur mit Maskenpflicht zu vereinbarten Terminen öffnen dürfen, bestellen die Menschen deutlich mehr im Internet. Im ersten Quartal dieses Jahres hat die Post hierzulande gut 41 Prozent mehr Pakete befördert als im Vorjahreszeitraum. "Es war mit Abstand unser stärkstes Auftaktquartal aller Zeiten", sagt Finanzvorstand Melanie Kreis. Auch im Ausland und im internationalen Expressgeschäft transportiert der Konzern immer mehr Online-Bestellungen.

Der zweite Effekt hat damit zu tun, dass sich viele Volkswirtschaften recht schnell von der Corona-Krise erholen. Unternehmen lassen wieder deutlich mehr Güter durch die Welt verschicken. Doch das ist gar nicht so einfach: Die Fracht-Kapazitäten in den Bäuchen von Passagierflugzeugen sind noch lange nicht auf dem Niveau von Vor-Corona-Zeiten. Zu Wasser blockierte ein Schiff zeitweise den Suez-Kanal und damit eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Und in großen Exporthäfen sind noch immer die Container knapp. Die Post profitiert davon: Sie kann ihre DHL-Frachtflugzeuge sowie ihre Kapazitäten zu Wasser besser auslasten - und höhere Preise verlangen.

Das größte Problem der Post scheinen derzeit die Briefe zu sein

Das größte Problem des Konzerns scheinen die Briefe zu sein. Im ersten Quartal habe man hierzulande gut neun Prozent weniger Post befördert als im Vorjahreszeitraum, sagt Finanzchefin Kreis. Das liege vor allem daran, dass Firmen - wahrscheinlich anhaltend - weniger Werbebriefe verschicken.

Doch insgesamt kann die Post diese Schwäche derzeit wegstecken. Allein für die vergangenen drei Monate meldet sie einen Gewinn von gut 1,9 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern. Unter dem Strich blieb ein Plus von knapp 1,2 Milliarden Euro - fast viermal so viel wie im schwierigen Vorjahreszeitraum. Der Konzern hat seine Gewinnprognose für das gesamte Jahr 2021 um gut eine Milliarde Euro nach oben korrigiert. Bereits zuvor hatten auch die großen internationalen Konkurrenten der Post, UPS und Fedex, deutliche Zugewinne gemeldet.

Zur nun anstehenden, virtuellen Hauptversammlung des Konzerns wird Investoren fast schon schwindlig ob der Rekordergebnisse. "Es ist erstaunlich, wie die Deutsche Post die Herausforderungen der Covid-Pandemie meistert", sagt etwa Winfried Mathes, Vertreter der Deka, dem Fondshaus der Sparkassen. "Man kann nur hoffen, dass der Höhenflug in der Post-Corona-Zeit nicht plötzlich zu Ende ist."

Post-Vorstand Kreis räumt zwar ein, dass der internationale Frachtmarkt gerade außergewöhnlich angespannt ist. "Wir rechnen aber nicht damit, dass es im Laufe des zweiten Quartals deutlich besser werden wird", sagt die Finanzchefin. Auch was die vielen Bestellungen im Onlinehandel betrifft, erwartet Kreis zwar eine Normalisierung im Laufe dieses Jahres. "Aber wir rechnen nicht damit, dass es einen signifikanten Rückschritt geben wird." Viele Menschen haben den Onlinehandel in der Krise neu oder stärker für sich entdeckt, heißt es allenthalben in der Branche. Und selbst kleinere Händler haben - notgedrungen - digitale Vertriebskanäle ausgebaut.

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