Süddeutsche Zeitung

Penguin Random House:Chef des größten Buchverlags der Welt gibt auf

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Überraschung bei Bertelsmann: Markus Dohle scheidet nach der gescheiterten Übernahme eines Konkurrenten aus. Es ist ein Rückschlag, denn das Buchgeschäft hat sich zu einem verlässlichen Gewinnbringer entwickelt. Wie geht es weiter?

Von Caspar Busse

Es war eine ziemliche Überraschung, als Bertelsmann 2008 ausgerechnet Markus Dohle nach New York schickte. Ein hemdsärmelig auftretender Wirtschaftsingenieur aus dem Sauerland, damals erst 39 Jahre alt, als Chef für Random House, einen der weltweit bekanntesten Bücherverlage? Gleich an seinem ersten Arbeitstag traf er damals Bestsellerautor Dan Brown. Unter seiner Führung hat sich der Umsatz der Bertelsmann-Buchsparte dann mehr als verdoppelt und das Ergebnis verfünffacht.

Mindestens genauso überraschend nimmt jetzt Dohle, inzwischen 54 Jahre alt, seinen Abschied. Er lege "auf eigenen Wunsch" seinen Posten zum Jahresende nieder, teilte Dohle am Freitagmittag mit - er übernimmt damit die Verantwortung für die gerade gescheiterte Milliardenübernahme des US-Verlags Simon & Schuster. "Die Entscheidung von Markus Dohle ist menschlich verständlich und nachvollziehbar", sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe der SZ. Dass die Übernahme von Simon & Schuster nicht geklappt hat, sei Dohle nicht anzulasten. "Es wurden keine Fehler von uns gemacht, das war eine politische Entscheidung in den USA", betonte Rabe.

Vor zwei Wochen war Bertelsmann endgültig mit der geplanten Übernahme von Simon & Schuster gescheitert. Penguin Random House wollte den amerikanischen Traditionsverlag, 1924 gegründet, für mehr als zwei Milliarden Euro kaufen und so seine Position insbesondere auf dem US-Markt stärken. Doch die Deutschen scheiterten am Widerstand des amerikanischen Justizministeriums. Ein US-Bezirksgericht in Washington urteilte, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem Markt für die Verlagsrechte an den meistverkauften Büchern in den USA erheblich einschränken würde. Als Zeuge war unter anderem Erfolgsautor Stephen King aufgetreten. Der Marktanteil von Penguin Random House in den USA wird auf etwa 24 Prozent geschätzt, der von Simon & Schuster auf neun Prozent. Simon & Schuster wäre für Bertelsmann eine wichtige und vor allem prestigeträchtige Verstärkung gewesen, bekannte Autoren wie Hillary Clinton, John Irving oder Bob Woodward veröffentlichen ihre Bücher dort.

Vorübergehend wird nun Nihar Malaviya an die Spitze der internationalen Verlagsgruppe mit Sitz in New York treten, die seit 1998 zu Bertelsmann gehört. Er kam einst mit seinen Eltern aus Indien in die USA, ist seit mehr als 20 Jahren im Konzern und bislang verantwortlich für alle operativen Verlagsprozesse in den USA. Ob er auch langfristig bleibt, will Rabe im kommenden Jahr entscheiden. "Er hat das Potenzial, diese Rolle auszufüllen. Er bringt alles mit, ein Unternehmen dieser Größe führen zu können", sagte er. Eine grundlegende Änderung der Strategie für Penguin Random House sei "nicht erforderlich". Rabe kündigte jedoch an: "Wir werden aber aus kartellrechtlicher Sicht in nächster Zeit keine größeren Akquisitionen durchführen, schon gar nicht in den USA. Kleinere Zukäufe sind aber denkbar."

"Wir hatten einen ziemlich coolen Lauf"

Es geht um viel: Die Buchsparte ist eines der bislang stabilen Kerngeschäfte und auch die Keimzelle, aus der Bertelsmann einst entstanden ist. Die Liste der Probleme bei den Güterslohern wird damit noch mal länger. Auch in Frankreich ist ein Vorzeigeprojekt am harten Widerstand der Wettbewerbsbehörden gescheitert: Rabe wollte den Fernsehsender M6 an den Konkurrenten TF1 verkaufen, damit ein "nationaler Champion" entsteht. Jetzt muss er mit M6 vorerst alleine weitermachen. Der Zusammenschluss des Luxemburger Callcenter-Betreibers Majorel, an dem Bertelsmann beteiligt ist, mit einem Konkurrenten kommt ebenfalls nicht zustande. In Deutschland sorgt das Zusammengehen von RTL mit dem Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr gerade für viel Unruhe, Topmanager verlassen das Unternehmen.

"Wir hatten einen ziemlich coolen Lauf in den vergangenen 15 Jahren", schrieb Dohle nun zum Abschied an die etwa 10 000 Mitarbeiter. Penguin Random House ist der mit Abstand größte Buchverlag der Welt, mit 15 000 Neuerscheinungen im Jahr. Verlegt werden Erfolgsautoren wie John Grisham, Salman Rushdie, Nick Hornby oder Margaret Atwood. Dohle kümmerte sich teilweise persönlich um bekannte Autoren, auch um die Obamas. So veröffentlichte der Ex-Präsident seine Memoiren ("A Promised Land") bei Penguin Random House, es war eines der weltweit am besten verkauften Bücher. Es erschien zum Start in 25 Sprachen, mit einheitlichem Cover und begleitet von einer beispiellosen Marketingkampagne. Auch Michelle Obama ist unter Vertrag, im Januar wird die Autobiografie von Prinz Harry erscheinen.

Dohle gehörte bislang zu den Mächtigen in der Buchbranche, er hatte 1994 bei Bertelsmann in Gütersloh angefangen, kümmerte sich später um den Buchdruck. Als Random-House-Chef sorgte er dann für eine Art Renaissance des Buchgeschäfts, auch mit Erfolgen wie dem Erotikroman "50 Shades of Grey". Er setzte auch konsequent auf E-Books, machte den Verlag zu einer "Buchfabrik" und fusionierte mit dem britischen Verlag Penguin. Damit baute er die weltweit führende Position noch aus - alles nach dem Geschmack der Zentrale in Gütersloh. Eine erstaunliche Karriere - jetzt aber ist er weg.

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