Buchbranche:Bertelsmann scheitert mit Milliardenübernahme in den USA

Thomas Rabe, Bertelsmann-Chef.

Bertelsmann-Chef Thomas Rabe muss einen Rückschlag einstecken: Eine große Übernahme in den USA kommt nicht zustande.

(Foto: IPON/Imago)

Der Medienkonzern aus Gütersloh wollte einen der größten Buchverlage kaufen. Doch die Justiz hat das verhindert - mit prominenter Hilfe.

Von Caspar Busse

Als wichtiger Zeuge trat ein Prominenter auf: Stephen King, 75, erschien im August 2022 vor einem Bundesgericht in Washington und stellte sich den Richtern erst mal so vor: "Mein Name ist Stephen King. Ich bin freiberuflicher Autor." Dann gab der Autor vieler sehr erfolgreicher Horror-Romane zu Protokoll: "Ich denke, Konsolidierung ist schlecht für den Wettbewerb." Je mehr Unternehmen es gebe, desto besser. Damit unterstützte er sehr öffentlichkeitswirksam eine Klage des US-Justizministeriums gegen ein Milliardenprojekt des deutschen Medienunternehmens Bertelsmann - mit Erfolg.

Buchbranche: Autor Stephen King (mit Maske) im August vor einem Gericht in Washington.

Autor Stephen King (mit Maske) im August vor einem Gericht in Washington.

(Foto: Tom Brenner/Reuters)

Der weltgrößte Buchverlag Penguin Random House, der vollständig zu Bertelsmann gehört, hatte vor zwei Jahren angekündigt, den Konkurrenten Simon & Schuster für mehr als zwei Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Die Zustimmung der Kartellbehörden galt zunächst fast als Formalie. Doch jetzt scheitert das Milliardengeschäft genau daran. Ein US-Bezirksgericht in Washington urteilte nach einer Klage des Justizministeriums, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem Markt für die Verlagsrechte an den meistverkauften Büchern in den USA erheblich einschränken würde.

Anders als ursprünglich geplant will Bertelsmann nicht in Berufung gehen. Der Konzern teilte am späten Montagabend mit, dass man nach Gesprächen mit dem Simon-&-Schuster-Gesellschafter Paramount Global den Plan nicht weiterverfolge, das Urteil des US-Gerichts anzufechten. Paramount bestätigte in einer Börsenmitteilung, dass der Deal vom Tisch ist. "Das Buchgeschäft ist seit 187 Jahren identitätsstiftend für Bertelsmann. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern", sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe.

Für Bertelsmann wäre es eine wichtige und prestigeträchtige Übernahme gewesen. Nicht nur Stephen King, auch Hillary Clinton, John Irving oder Bob Woodward veröffentlichen ihre Bücher bei Simon & Schuster. Die Autoren des Verlags sind weltweit bekannt, manche sind sogar Kult - und sie sorgen für ziemlich gute Geschäfte. Der Verlag wurde schon 1924 von Richard Simon und Lincoln Schuster gegründet und ist einer der großen und bekannten Buchverleger der USA. Zu Penguin Random House mit Hauptsitz in New York gehören bereits rund 300 eigenständige Buchverlage auf sechs Kontinenten mit mehr als 16 000 Neuerscheinungen und mehr als 700 Millionen verkauften Büchern im Jahr. Der Verlag veröffentlichte zuletzt unter anderem die Erinnerungen von Ex-Präsident Barack Obama und machte damit eine Millionenauflage. Auch Michelle Obama gehört zu den Autorinnen, im Januar wird die Autobiografie von Prinz Harry erscheinen. Daneben gibt es eine lange Liste bekannter Autoren.

Auch in Frankreich ist Bertelsmann an den Kartellbehörden gescheitert

"Ein Zusammenschluss wäre im Sinne des Wettbewerbs", hatte Chef Rabe noch Anfang November mitgeteilt und auf eine Berufung gehofft - vergebens. Für ihn und Markus Dohle, den Chef von Penguin Random House, ist das Scheitern eine ziemliche Schlappe, zuvor gab es große Hoffnungen. Die Zahlen von Bertelsmann sind gut, aber die Liste der Probleme ist lang. Auch in Frankreich ist ein Vorzeigeprojekt am harten Widerstand der Wettbewerbsbehörden gescheitert: Rabe wollte den Fernsehsender M 6 an den Konkurrenten TF 1 verkaufen, damit ein "nationaler Champion" entsteht. Jetzt muss er mit M 6 vorerst alleine weitermachen. Auch der Zusammenschluss des Luxemburger Callcenter-Betreibers Majorel, an dem Bertelsmann beteiligt ist, mit einem Konkurrenten kommt nicht zustande.

In Deutschland sorgt das Zusammengehen von RTL mit dem Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr gerade für viel Unruhe, Topmanager verlassen das Unternehmen. Da wäre eine Erfolgsmeldung aus den USA willkommen gewesen. Das Buchgeschäft ist zudem die Keimzelle, aus der Bertelsmann einst entstanden ist.

Simon & Schuster gehört derzeit noch zu Paramount. Das Scheitern des Deals mit Bertelsmann öffnet nun die Tür für einen neuen Käufer. Harper-Collins, das zu News Corp von Rupert Murdoch gehört, und die Hachette Book Group von Lagardère haben bereits öffentlich ihr Interesse am Kauf von Simon & Schuster bekundet. Harper-Collins hatte sich 2020 erfolglos um den Verlag bemüht, damals bekam Bertelsmann den Vorzug.

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