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Bayer kauft Monsanto:Monsanto ist ein gewaltiges Risiko - und eine große Hoffnung

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Monsanto ist der Lieblingsfeind von Aktivisten, Anwälten und empörter Öffentlichkeit. Doch der Kauf kann sich lohnen - für Bayer und das Gemeinwohl.

Kommentar von Marc Beise

Über den Atlantik hinweg ist ein gigantisches Geschäft vereinbart worden. Für 66 Milliarden Dollar kauft die Bayer AG, eines der größten und bekanntesten deutschen Unternehmen, den amerikanischen Konkurrenten Monsanto; es ist die bisher größte Übernahme eines Unternehmens durch einen deutschen Konzern.

Dieses Geschäft ist schon unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Anmaßung. Circa 120 000 Bayer-Mitarbeiter und 22 000 Monsanto-Angestellte müssen zusammengeführt, Geschäfte im Umfang von jährlich 23 Milliarden Euro miteinander verzahnt werden, mehrere Milliarden Euro sollen dabei eingespart werden - und das im Austausch von deutscher und amerikanischer Firmenkultur.

In Erinnerung sind ähnlich ambitionierte Zusammenschlüsse, die spektakulär scheiterten und viele Milliarden Euro und Zehntausende Jobs vernichteten. Die Mutter aller dieser Fehlgriffe heißt: Daimler-Chrysler. Damals sind aus Überheblichkeit üble Fehler gemacht worden, die man von der - soweit erkennbar - sorgfältig planenden Bayer-Spitze nicht erwarten muss.

Kaum eine Firma ist so umstritten wie Monsanto

Auch wenn das Geschäft noch teurer geworden ist als ohnehin geplant, hat Bayer gute Argumente auf der Haben-Seite. Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten Zukunftsmärkte überhaupt, immer mehr Menschen wollen ernährt werden. Hier warten viel Arbeit und viel Profit, und heute schon streiten sich große Konzerne aus allen Erdteilen um die beste Ausgangsposition.

Diese Konzentration mag man agrarpolitisch bedauern, aber sie ist weit fortgeschritten. Zum Guten gewendet, kann sie helfen, mehr Menschen mit Nahrung zu versorgen. Der deutsche Pharma- und Pflanzenschutzkonzern und der amerikanische Saatguthersteller haben hier eine Geschäftschance, aber auch eine Verantwortung. Zugleich aber sprengt dieser Zukauf auch in anderer Sicht alle Dimensionen, und hier liegt das beispiellose Risiko, das Bayer eingeht.

Denn kaum ein Unternehmen auf der Welt hat einen so schlechten Ruf wie Monsanto. Das beginnt bei in Kriegen eingesetzten Giftstoffen und endet nicht beim Unkrautvernichter Glyphosat; von gentechnisch veränderten Produkten ganz zu schweigen. Monsantos brutaler Umgang mit Kritikern in vielen Ländern ist berüchtigt. Aus Sicht von Umweltschützern steht das Unternehmen fast überall auf der falschen Seite.

Ein kühnes Unterfangen von Bayer

Ein Image wie ein Fallbeil, das Bayer wohlbekannt ist und das man in Kauf nimmt - und verspricht, die US-Erwerbung "sauber" zu machen. Dieser Versuch ist gut und ehrenwert. Zwar kann man bei früher wild zockenden Großbanken beobachten, wie schwierig es ist, eine neue, rechtschaffene Firmenkultur zu etablieren.

Wenn sie aber gelingt, wird nicht nur Bayer selbst profitieren, sondern die Firma wird sich indirekt auch um das internationale Gemeinwohl verdient gemacht haben. Bis es aber so weit ist, lauern an jeder Ecke Aktivisten und Anwälte und die öffentliche Empörung. In einem Satz: Dies hier ist ein kühnes Unterfangen - aber eines, das sich lohnen kann.

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Quelle:
SZ vom 15.09.2016
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