Süddeutsche Zeitung

Abgas-Affäre bei VW:Ex-VW-Chef Winterkorn muss um Entlastung bangen

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Gegen Ex-Konzernchef Winterkorn und Markenchef Diess ermittelt die Staatsanwaltschaft. Jetzt überlegen die VW-Eigner, die beiden bei der Hauptversammlung am Mittwoch doch nicht zu entlasten.

Von Thomas Fromm und Klaus Ott

Der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn muss damit rechnen, beim Aktionärstreffen am Mittwoch in Hannover nicht für sein letztes Amtsjahr entlastet zu werden. Diese Variante wird nach Angaben aus Konzernkreisen derzeit diskutiert, nachdem die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Ermittlungsverfahren gegen Winterkorn eingeleitet hat. Auch VW-Markenvorstand Herbert Diess, gegen den ebenfalls ein Verfahren läuft, muss nun um seine Entlastung bangen.

Dieses Vorgehen bei Winterkorn und Diess sei "nicht abwegig", sei aber noch nicht beschlossene Sache, heißt es. Das Präsidium des Aufsichtsrats berät am späten Dienstagnachmittag über die neue Lage.

Winterkorn und Diess sollen die Aktionäre zu spät über die finanziellen Folgen der Abgas-Affäre informiert und insofern den Aktienkurs manipuliert haben. Winterkorn bestreitet seit Beginn der Affäre jegliches Fehlverhalten. Die Staatsanwaltschaft verweist außerdem auf die Unschuldsvermutung, die "bis zum rechtskräftigen Beweis des Gegenteils" für die beiden Beschuldigten gelte.

Wolfgang Porsche steht Winterkorn sehr nahe

Ursprünglich sollte trotz Abgas-Affäre der gesamte alte VW-Vorstand entlastet werden, inklusive des damaligen Finanzvorstands und heutigen Aufsichtsratschefs Hans Dieter Pötsch. Er ist ein enger Vertrauter der Familien Piëch und Porsche, die als Großaktionäre über 55 Prozent der stimmberechtigten Aktien verfügen. Weitere stimmberechtigte Großaktionäre sind das Land Niedersachsen (20 Prozent) und Katar (17 Prozent).

Insbesondere das Land Niedersachsen und sein Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dürften sich schwer tun, an der ursprünglichen Linie festzuhalten. Weil könnte eine Entlastung von Winterkorn und Diess politisch vermutlich nur schwer rechtfertigen.

Ganz anders die Lage bei den beiden Industriellen-Familien. Das Oberhaupt der Familie Porsche, Wolfgang Porsche, steht Winterkorn sehr nahe und hat auch nach dessen Rücktritt als Konzernchef wegen der Abgas-Affäre weiter den Kontakt gepflegt. Die Familie Porsche, die Piëchs, Niedersachsen und Katar wollen aber nach Einschätzung in Konzernkreisen einen Bruch vermeiden.

VW könnte sich an Porsche orientieren

Als wahrscheinlichste Variante gilt daher, dass Winterkorn und auch Diess nicht entlastet werden, die übrigen damaligen Vorstände aber schon, inklusive Pötsch. Da die übrigen Aktionäre, die mit votieren können, über nur etwa acht Prozent der Stimmen verfügen, kommt es auf die beiden Familien, Niedersachsen und Katar an.

VW könnte sich an der Tochter Porsche orentieren, wo vor Jahren der frühere Vorstandschef Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzvorstand Holger Härter wegen eines Ermittlungsverfahrens ebenfalls nicht entlastet worden waren. Wiedeking und Härter sind vom Landgericht Stuttgart inzwischen von dem Vorwurf freigesprochen worden, im Verlaufe der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW den Aktienkurs von Volkswagen manipuliert zu haben.

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