Süddeutsche Zeitung

Rechtskolumne:Darf man einen Löwen zu Hause halten?

Lesezeit: 4 Min.

Manche Menschen liebäugeln damit, sich exotische Tiere zu halten. Um sich eine Giftschlange, einen Affen oder gar ein Krokodil privat anschaffen zu dürfen, muss man zahlreiche Auflagen erfüllen.

Von Maren Müller

Ach, wie süß! Zumindest im ersten Moment empfinden manche Tierfreunde so, wenn sie diese Bilder sehen, die in den sozialen Medien kursieren: Videos vom verspielten Otter im Wohnzimmer. Oder vom verschmusten Löwen, der neben seinem Besitzer auf der Couch sitzt und sich an ihn schmiegt. Es wirkt fast so, als wären die Tiere zahm, was vielleicht sogar den Wunsch erwecken könnte: "Ich möchte auch ein Löwenbaby bei mir zu Hause einquartieren." Doch derartige Videos sind Inszenierungen. Sie wurden häufig in Ländern aufgenommen, in denen andere Regelungen für die Tierhaltung gelten als in Deutschland. Welche Vorschriften gibt es hierzulande für exotische Tiere? Und kann man Amphibien, Reptilien oder andere Tiere aus dem Dschungel oder der Wüste überhaupt zu Hause so halten, dass sie sich wohlfühlen?

Als exotisch gelten jene Tiere, die nicht in Deutschland beheimatet sind. Anders als die heimischen Wildtiere werden die Exoten nicht im Bundesnaturschutzgesetz genannt - Vorschriften zu den hierzulande wild lebenden Tieren findet man übrigens in Paragraf 39 dieses Gesetzes. Fachtierhandlungen und zertifizierte Online-Händler dürfen mit Exoten handeln, vorausgesetzt, die Tierart ist nicht im Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) gelistet. Darin stehen unter anderem vom Aussterben bedrohte Tierarten wie bestimmte Papageienarten. Sollte es für genau diese Tiere aber einen Herkunftsnachweis geben, darf man auch sie anbieten. In jedem Fall ist es illegal, sich ein solches Tier einfach von einer Fernreise mit nach Hause zu nehmen.

Grundsätzlich ist es also erst mal möglich, bei sich zu Hause einen Königspython, ein Erdmännchen oder ein Känguru einzuquartieren. Man muss allerdings auch noch auf die EU-Liste der invasiven Arten achten. Sie führt 47 Tierarten auf, die in Europa nicht gehalten werden dürfen - darunter viele Ameisen-, Krabben- und Fischarten. Auch der Waschbär und die Nilgans stehen darauf. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Auch die Tiere aus der EU-Liste der invasiven Arten dürfen in einen Privathaushalt ziehen - nämlich dann, wenn sie aus einer Nachzucht stammen und ohnehin nicht ausgewildert werden könnten.

In den Bundesländern gelten unterschiedliche Verordnungen für exotische Tiere

Aber es gibt weitere Hürden: Bei zahlreichen exotischen Tieren muss man zunächst die Erlaubnis vom zuständigen Veterinäramt einholen. Um die Erlaubnis zu erhalten, muss man Sachkunde über Herkunft und Haltung des Exoten nachweisen. Grünes Licht gibt es nur, wenn das Tier artgerecht gehalten werden kann. Dazu gehören ausreichend Platz und je nach Art Klettermöglichkeiten oder ein Teich mit Frischwasser. Auch die sozialen Bedürfnisse müssen erfüllt sein - ein Herdentier allein zu halten, grenzt an Tierquälerei. Für einige Tierarten gibt es Richtlinien zur artgerechten Haltung, für andere nicht. Ob eine artgerechte Haltung möglich ist, liegt dann im Ermessen des jeweiligen Veterinäramts.

In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Vorgaben für die Haltung von exotischen Tieren. "Ein Großteil der 16 Bundesländer hat Verordnungen, die die Haltung gefährlicher Tiere untersagen oder reglementieren", erläutert Julia Wagner, Leiterin Zivilrecht bei Haus & Grund Deutschland. In Berlin zum Beispiel darf man gar keine Löwen privat halten. In Brandenburg dagegen schon. Doch es gibt dort nur einen einzigen Löwen in privater Haltung.

In einigen Bundesländern ist sogar eine sogenannte Positivliste im Gespräch - nur die Tierarten, die darauf stehen sollen, dürfte man demnach als Haustier halten. Bevor man sich einen Exoten zulegt, sollte man ohnehin genau in die Gesetze des jeweiligen Heimatbundeslandes schauen.

Doch nicht nur das Veterinäramt kann die Haltung exotischer Haustiere unterbinden: In der Mietwohnung hat auch der Vermieter ein Wörtchen mitzureden. Bei exotischen Kleintieren, die gefahrlos im Käfig oder Terrarium gehalten werden können, muss man ihn allerdings nicht um Erlaubnis fragen. So erlaubte das Amtsgericht Hanau einem Mieter die Haltung von fünf Chinchillas (AG Hanau 90 C 1264/99-90). Äußert der Vermieter begründete Bedenken, kann er die Haltung exotischer Tiere verbieten - zum Beispiel, wenn von ihnen eine Gefahr für die Nachbarn ausgeht oder sie Angst und Ekel auslösen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Bewohner eines Mehrparteienhauses eine Würgeschlange hält. Ein solches Tier darf nur nach Rücksprache mit dem Vermieter in die Mietwohnung ziehen. Manche fürchten sich auch vor großen Echsen: So verbot das Amtsgericht Bielefeld den Mietern eines Hauses die Haltung von zwei Waranen und zwei Chamäleons, da dies nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnräume entsprach (Az. 401 C 275/17). In jedem Fall gilt: Der Mieter haftet für alle Schäden, die das Tier verursacht.

Wird ein exotisches Tier ohne die erforderlichen Genehmigungen gehalten, drohen Bußgelder von bis zu mehreren Tausend Euro. Die Exoten landen dann meist in spezialisierten Tierparks oder Zoos. Weder Mensch noch Tier ist damit ein Gefallen getan. So etwas dürfen selbst Prominente nicht machen. 2013 brachte der Sänger Justin Bieber sein Kapuzineräffchen für ein Konzert mit nach Deutschland - ohne Papiere. Das Affenbaby wurde beschlagnahmt und landete schließlich im Münchner Tierheim.

Allerdings bleiben viele Fälle ungeahndet: Aufgrund der schwammigen Gesetzeslage in Deutschland gibt es eine hohe Dunkelziffer, sagt Jacek Nitsch, Abteilungsleiter der Wildtierstation des Tierschutzvereins München. "Die Veterinärämter können gar nicht alles überprüfen. Illegal gehaltene Tiere werden eigentlich nur entdeckt, wenn der Nachbar eine Anzeige erstattet."

Doch auch erlaubt heißt nicht gleich, dass alles gut ist. Haustierbesitzer sollten sich immer fragen: Fühlt sich das Tier hier wirklich wohl? "Bei vielen exotischen Tieren ist eine artgerechte Haltung gar nicht möglich", so Nitsch. Sie seien es gewohnt, in freier Wildbahn zu leben. Es gebe keinen guten Grund, sie dort herauszuholen, um ihren natürlichen Lebensraum dann nachzuahmen. Die Anschaffung eines solchen Tieres sollte man sich also nicht nur der Nachbarn wegen doppelt und dreifach überlegen.

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